Auch wenn in ihren Songs die Sterne bisweilen glanzlos vom fahlen Nachthimmel herab purzeln – Sarah Slean muss nach ihrem dritten Album nun gewiss zu den groß aufgehenden Sternen am Singer/Songwriter-Himmel gezählt werden. Sarah ist jung, 25, schön, klug, fragil, “hopelessly romantic”, hat eine klassische Ausbildung an der Musikhochschule von Toronto hinter sich, liebt Joni Mitchel, Jeff Buckley und PJ Harvey, wird gern mit Tori Amos verglichen, und hat eine Lebenssinnkrise durchlitten (“Ich fragte mich: Was tue ich eigentlich? Welchen Sinn hat das alles? Und zog mich einige Wochen in die Einsamkeit einer Blockhütte zurück.”), von der sie in den elf Tracks leidenschaftlich Rechenschaft ablegt. Alle Songs von “Day One” eröffnen ein Panorama alptraumartiger Bilder, die nach Hoffnungsschimmern am Horizont suchen: blut- und feuerrote Himmel, dunkle Sonnen, bleiche Monde, und die Anrufung rettender Engel. Gebannt sind diese Angstbilder in Songstrukturen, die bei aller Raffinesse nach einer musikalischen Leichtigkeit des Seins suchen: besonders mitreißend im rockig-fetzigen “Lucky Me”, besonders eindringlich im zauberhaften “When Another Midnight”. Auch wenn die Poesie der Lyrics und Arrangements hie und da etwas gezwungen erscheint, nimmt die suggestiv-theatralische Leidenschaft von Sarahs Stimme immer gefangen – ob sie in Wiegenlied-Melodik schwelgt (“Wake Up”) oder melodramatisch flüstert (“Vertigo”).