Rýr
Dislodged
Text: Florian Höhr | Erschienen in: VISIONS Nr. 385

Zuerst wirkt alles vertraut: Wieder ein schwarz-weißes Cover, wieder fünf Songs mit durchschnittlich acht Minuten Laufzeit, genau wie beim Vorgänger “Transient” (2022). Doch während Rýr auf ihren ersten beiden Alben mit langsam anschwellenden Crescendi behutsam begannen, legt das Trio auf “Dislodged” unvermittelt mit einer dröhnenden Wall-of-Sound los.
Schon in den ersten Minuten des Openers “Flung” wird ein klanglicher Fortschritt deutlich: Die schweren Riffs wirken wuchtiger, die ruhigen Momente klarer. Dennoch entfernen sich Rýr nicht allzu weit von ihrer etablierten musikalischen Handschrift. Gitarrist Matthias Jung schichtet meist mehrere Ebenen von Riffs übereinander, die in ihren stärksten Momenten einen hypnotischen Sog entfalten, der von überraschenden Stimmungswechseln durchbrochen wird wie in “Lapsed”, dem längsten Song des Albums. Der bildet mit seinen pulsierenden, hämmernden Riffs einen erfrischenden Gegenpol zu den schleppenden Beats, die aber nicht mehr ganz so dominant sind wie auf den Vorgängern.
Gerade weil sie sich in einem Genre bewegen, das nicht mehr für große Experimente und Innovationen bekannt ist, darf man den Berlinern hoch anrechnen, dass es ihnen gelingt, den Spannungsbogen über 40 intensive und kurzweilige Minuten konstant aufrecht zu erhalten.
Das steckt drin: Isis, Pelican, Russian Circles
weitere Platten
Transient
VÖ: 28.10.2022
Left Fallow
VÖ: 10.01.2020