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    Ostkreutz
    Motor

    VÖ: 01.09.2006 | Label: Motor/Warner

    4-Ohren-Test

    Zugegeben, manches ist überspannt an dieser Kunst- und Spaßband aus Berlin, an diesem „Revolutionary Rockmonster“, diesem „Audiovisual Terror“, wie sich Ostkreutz selbst beschreiben. Aber das Konzept kann aufgehen. Hinter Ostkreutz stecken zwei Kraftwerk-Fans, die sich Maximum und Medium nennen, in einer Russisch bis Tschechisch klingenden Fantasiesprache namens „Ui ui ui“ singen, live mit aufwendigen Video- und Lichtshows arbeiten und auf osteuropäischen Style stehen. Anders als im Info erklärt und anders als der Bandname vermuten lässt, sind Ostkreutz weder Metal noch musikalische Nachbarn von Rammstein, sondern sperriger ’81er LoFi-Deutschpunk mit Elektromomenten. Ihr Cover von Ideals „Berlin“ ist durch das unverständliche Gebrabbel arg entstellt, aber passt musikalisch zum Image. Ab und zu hört man ein bisschen Cramps und Rockabilly, mal Gruftie-Düsteres à la Laibach und Alien Sex Fiend – alles bewusst übersteuert und authentisch schlecht ostblockig produziert. Es könnte sich hinter Ostkreutz genauso gut eine Lokalband aus der Ukraine verbergen. Fast alle Songs sind eingängig und unter drei Minuten lang. Dazu simple Schlagwörter wie Gang Bang, Motor, Rock und Vibrator. Spätestens hier spürt man, woran Ostkreutz appellieren. Nimm das alles nicht zu Ernst, es ist nur Rock’n’Roll! Was auch immer sich Ostkreutz kommerziell versprechen und letztendlich auch erreichen könnten, gute Trink- und Partymusik ist das allemal. Dazu einen Wurstwasserwodka, ihr angebliches Lieblingsgetränk – Nastrovje!
    Kristina Koch 7

    Wer einräumen muss, dass eine Band nur auf der Bühne funktioniert, sollte doch auch bitte konsequent ihre Alben meiden. Kann ja nix werden, immerhin hat man sich das Argument dagegen stillschweigend selbst geliefert. Wer sagt, dass man eine Band wie Ostkreutz mit Humor und ironischer Distanz betrachten muss, dem sei dazu geraten, das dann doch bitte auch mit Mickie Krause oder Paris Hilton zu tun. Und? Eben, geht nicht. Manchmal ist eben die Grenze des Geschmacks als solchem überschritten, da helfen keine hoffnungslosen Euphemismen. Und Provokation sieht auch anders aus, da nützt kein ach so bemühter Rammstein-Vergleich. Und über deren Wertigkeit für das Fortschreiten der Menschheit soll an dieser Stelle kein Wort verloren werden. Ostkreutz also als Provokateure? Die insgeheim Intellektuellen hinter der Narrenkappe, die der Spaßgesellschaft den Spiegel der Nichtigkeit vorhalten? Die neue deutsche Bildungsbürger-Aufklärung? Da könnte man demnächst auch Christoph Schlingensief und Jürgen Drews in einem Atemzug nennen. Nein, Ostkreutz ist der Zombie der Rockwelt. Das EEG schlummert tief und fest im Dornröschenschlaf – einzig die Bass-Bost-Anzeige will intelligentes Leben vortäuschen. Allein die Tatsache, dass Ostkreutz momentan wirklich allein auf weiter Flur stehen, lässt aufhorchen: Nie hat man dem Artensterben so fest die Daumen gedrückt. Dann ist endlich wieder Ruhe im Gebälk.
    Nils Klein 3