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    Noisettes
    What's The Time, Mr Wolf?

    VÖ: 04.05.2007 | Label: Vertigo/Universal

    4-Ohren-Test

    Plattenfirmen dieser Welt, ich verachte euch zutiefst. So sollte man zumindest denken, nachdem man „What’s The Time Mr Wolf?“ einmal hat durchlaufen lassen. Was soll dieser Yeah-Yeah-Yeahs-Vergleichs-Sticker auf der Vorderseite? Kann mir das mal ein PR-Verantwortlicher nahbringen? Irgendwie klingt ja immer alles nach irgendwas? So ein Quatsch. Bedeutet im Falle der Noisettes eigentlich nur: Die Trendpolizei nickt dank dieser Zaunpfahlpromotion wissend, greift zu, und alle andere bleiben außen vor. Schreibt doch bitte mal vorne drauf: „Lieber Konsument, trage diese CD bitte sofort zur Kasse und bereichere deine potenziell eingleisige Sammlung mal um ein besonders forderndes Exponat.“ Aber brechen wir es trotzdem mal provisorisch auf den kleinsten gemeinsamen Nenner runter und starten von der Außenhülle ins Innenleben. Die Noisettes können natürlich mit dem Pfund wuchern, dass die Stimme von Sängerin Shingai Shoniwa der von Karen O in nichts nachsteht. Gut, geschenkt, das hätten wir. Nur, dass sich der musikalische Schirm der Noisettes weiter aufspannen lässt, allerdings muss man dazu erstmal den Knopf im Ohr gedrückt bekommen. Die Entlohnung sind Konstrukte, die in Morcheebas Fahrstuhl anfangen, im ersten Stock hinter Milchglasscheiben auf das Sonic-Youth-Gesamtwerk blinzeln und auf dem Dach in ein stürmisches Yeah-Yeah-Yeahs-Hoch geraten. Aber damit wären wir wieder am Anfang. Und waren trotzdem mal eben ganz woanders.
    Nils Klein 8

    Komische Slipper, Jackett, rote Jeans, verwegenes Strubbelhaar, hektischer Blick. Zwei Jungsmänner als Zulieferer für die farbige Bandleaderin Shingai Shoniwa, schön extrovertiertes Weib, mit Punkglamour auf Soulstimmbändern. Natürlich kommt man aus London, und natürlich zelebriert man das schnelle Leben mit einem „The“ vor dem Namen, der ausnahmsweise nicht auf der CD, aber sonst überall steht. Die Musik hat nur im Geiste mit der Post-Wave-Flut zu tun und ist handwerklich viel mehr ein hektisches Gebräu aus Punk, Beat und entsetzlich frontalem Mucker-Rock, den Kollege Boße rundweg als „Jingo-de-Lunch-Breitbeinigkeit“ beschrieb und der von seiner Tanzbarkeit lebt. Hätte uns eine schlecht rasierte, vom örtlichen Getränkehandel gesponserte Rock’n’Roll-Kapelle namens Disco Bratz oder Wild Weirdoz dieses Gehuddel auf den Markt gedrückt – es wäre niemals als „cool“ gebrandet worden. Rhythmen statt Songs. Hedonismus statt Emotion. Shingai Shoniwa ist eine grandiose, höchst kompetente Sängerin, die in wenigen Sekunden von Björkschem Gekiekse zu wuchtigem Soul wechseln kann, doch sie nutzt dieses Talent vor allem dazu, hysterisch in der Gegend herumzukieksen. „Oh, seht her, was für ein freches Kätzchen“, soll da der junge Londoner denken, „abgefahren.“ Bei „Hierarchy“ und „Bridge To Canada“ fahren die Noisettes dieses Getue zugunsten des Songs zurück und „Cannot Even (Break Free)“ ergibt in seinem Wechsel aus verschüchterter Strophe und explodierendem Refrain künstlerisch endlich Sinn. Ansonsten ist diese Platte ein Präzedenzfall für eine Musik, die sich in ihrer distanzierten Pose subversiv findet, es damit aber dem flexiblen Party-Styler-Kapitalismus verdammt gut besorgt.
    Oliver Uschmann 5

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