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    My Ugly Clementine
    The Good Life

    VÖ: 11.08.2023 | Label: BMG/Warner
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 365
    Schönheit
    My Ugly Clementine - The Good Life

    Da ist es also: das Sommeralbum für Indie-Fans. My Ugly Clementine halten das Versprechen des Titels ein, garnieren es aber mit genügend Melancholie für die kommende „Summertime Sadness“. Am Ende bleiben vor allem Melodien, die nicht zusammen mit der Sonnencreme der Saison in der Tonne landen werden.

    Immer wieder bemerkt man über den Albumverlauf hinweg, dass hier eine Band mit Sinn für Feinheiten am Werk ist. Das kommt nicht von ungefähr: Die drei Bandmitglieder sind zugleich in sehr ungleichen Projekten unterwegs: im gehypten Zeitgeist-Pop mit Sharktank, angenehm verzahntem Synthie-Pop mit Leyya oder geschichteten Akustik-Träumen mit Mira Lu Kovacs. Aus diesem Supergroup-Gen und der offensichtlichen Virtuosität der drei Musikerinnen aus Wien entsteht eine Platte, die mehr zu bieten hat als ein paar Happen für Playlist-Haie.

    Das scheint besonders in den sanften Momenten der Platte durch, etwa dem federleichten Folk von „Too Much“, dem bedächtigen und doch hingebungsvollen Refrain von „Impossible Situation“ oder dem großartigen „Closer How Would I Know What I Know“. Hier gehen My Ugly Clementine vollkommen in einer Boygenius-Referenz-Welt auf und bringen ein eigenes A-capella-Ständchen, das mit der Schönheit von „Without You Without Them“ des US-Trios durchaus mithalten kann. Zudem bietet dieses Finale die Krönung der konsequenten Mehrstimmigkeit der Band. Ein bemerkenswerter Abschluss für eine Platte, die sich laut My Ugly Clementine vor allem als Vehikel für ein gutes Leben eignen soll. Dieses Siegel verdient sich das Album an anderer Stelle: Da wäre auf der einen Seite „Are You In“, das die größten Stärken der Platte zusammenbringt: die erwähnten mehrstimmigen Arrangements, Riffs zwischen Slacker-Attitüde und Grunge sowie Liebe für große Hymnen.

    Auf der anderen steht das aufgekratzte „Feet Up“, das mit seinen poppigen Beats auch mit dem Indie-Sound von Newcomer:innen wie Friedberg flirtet, gleichzeitig aber auch passend zum Musikvideo der Hochzeit des Pop-Punk huldigt. Hier kommt außerdem auch die Freude an der Langeweile namens „Joy Of Missing Out“ auf die Bühne, die das Trio als Antrieb für Kreativität bewusst mit in den Musikerinnen-Alltag einfließen lässt. Ein gesunder Gegenentwurf zu FOMO – aber bei dieser Platte nicht nötig. Dafür reihen sich die Hits in zu hoher Dichte aneinander, geben sich mal kantiger („No“), mal mit Haim-Harmonien („Would Do It Again“), mal mit unaufdringlicher Klimax geschmückt („The Adviser“). Insgesamt wirkt diese Platte dank der vielen ruhigen Folk-Momente trotzdem angenehm unbeschwert und lässt auch beim Freibad-Besuch die Schwermut außen vor.

    Das steckt drin: Boygenius, Gurr, Haim