Lavender Diamond
Imagine Our Love

Sicher, man könnte jetzt schreiben: zerbrechliche Lieder, die zu Herzen gehen; eine Sängerin, so betörend wie einst die Lorelei oder die Sirenen. Man kann aber auch schreiben: Das bringt das Fass zum Überlaufen. Die neue Natürlichkeit des amerikanischen Undergrounds ist ja per se eine schöne Sache. The Decemberists begeistern, Joanna Newsom macht sprachlos – alles richtig. Doch diese Gruppe aus überspannt den Bogen. Die Texte machen aggressiv, so konfliktscheu, weich und pseudo-poetisch sind sie. Sie könne nicht lügen, singt Becky Stark in höchsten Tonlagen. Später dann will sie sich nicht streiten, sondern die ganze Nacht lang tanzen. Und an anderer Stelle stellt sie – gar nicht unklug – fest, sie könne nie einen Ozean trinken, aber der Ozean schon sie. Und dann erfreut sie sich an den Rosen in ihrem Garten. Die Band an ihrer Seite ist ganz entzückt vom Liebreiz und traut sich nicht, die Instrumente mal härter anzuschlagen. Selbst der Schlagzeuger haut nicht drauf, und – man kann die Uhr danach stellen – nach spätestens drei Minuten sorgt ein Streicherquartett für einen gedachten Überraschungsmoment, der spätestens nach dem dritten Lied keiner mehr ist. Als Teil einer Neo-Folk-Compilation ist die Gruppe brauchbar (Empfehlung dafür: das an Feist erinnernde „My Shadow Is A Monday“). Das ganze Album führt zwingend zur Überzuckerung.