Popmusik für Rocker oder Rockmusik für Popper? Das Ehepaar Miret beweist: Nach Punkrock und Hardcore werden im fortgeschrittenen Alter Emotionen ganz groß geschrieben.
Zwei Worte gibt es, die im Zusammenhang mit Musik einen Bart haben: Gefühl und Härte. Aber wenn sie passen, sollte man sich nicht scheuen, beim Bart des Propheten diese scharf wie ein Rasiermesser zu zücken. Das New Yorker Quartett Lady Luck sind das Agnostic Front-Schwein Roger Miret am Bass und dessen Ehefrau Denise am Mikro, Kana Philip am Sechssaiter sowie Walter Teperino an den Fellen. In nahezu neuer Besetzung seit dem 97er Debüt klingt ihr Alternative-Pop oder Indierock nun wie eine musikalische Mischung aus Shelter und Emorock neuerer Zeitrechnung. Das dritte Zauberwörtchen heißt demnach – Vorsicht: Mehrzahl! – Melodien. Ob das prägende Stimmchen von Denise nun aber unbedingt der Stimme von Debbie Harry gleicht, ist eher vage angedeutet, dennoch oft kolportiert. Vielmehr erinnert es an eine raue Version der Cranberries, vielleicht auch gerockte, frühe Chumbawamba. Akzente setzt freilich der Gesang, erst danach kommt die Gitarre ins Spiel. Und Roger Miret wird nicht müde zu wiederholen, dies sei die Musik für die Freundinnen der Rüpel, die sich im Pit kloppen und Agnostic Front nebst Konsorten mögen. Feines Bild, aber die Mädels werden vielleicht lieber andere Emotion-Junkies zur Freundin wählen.