Kaptain Kaizen
Für 3 Minuten 11
Text: Vivien Stellmach | Erschienen in: VISIONS Nr. 379
Kaptain Kaizen spielen melancholisch-treibenden Post-Punk, der nach Norddeutschland klingt, aber aus Mannheim kommt. Sie sprechen auf ihrem dritten Album wichtige Themen an, attackieren in “Pflugschreiber” etwa das kapitalistische Musikgeschäft und üben Kritik an der Mannheimer Popakademie, die staatlich gefördert über kulturellen, finanziell unsicheren DIY-Räumen steht.
“Lindnereffekt” stellt oberflächliche Politik an den Pranger, und “Kleiekotzer” schaut sich die Rolle der Medien beim Rechtsruck der Gesellschaft an. Ihr LoFi-Indiepunk ist allerdings oft laut und krachig gespielt, die bisweilen kryptischen Texte gehen im Geschrammel unter. Dazu klingen Gitarre, Bass und Schlagzeug, als würden sie jeweils ihr eigenes Ding machen. Ein holpriges Zusammenspiel ist man von deutschsprachigem Post-Punk gewohnt, aber der keifende Sprechgesang macht die Songs nicht zugänglicher. Die Grundstimmung ist hektisch und aufwühlend, “Susette” mutet beinahe wie ein Pascow-Song an und gehört mit “Täubcheshöhle” und “Hoppenheimer” zu den stärksten Momenten.
Wer die Sache umdreht, findet in der Schwäche der Platte ihre größte Stärke: “Für 3 Minuten 11” fordert volle Aufmerksamkeit, um verstanden zu werden. Dann kommen auch Love-A-ähnliche Zeilen wie „Wenn man ein Leben lang nicht zufrieden ist, dann hat man wohl keine andere Wahl“ an.
Das steckt drin: Captain Planet, Lygo, Turbostaat
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Alles und Nichts
VÖ: 23.08.2019