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    Junges Glueck
    Raus aus Flüsterleben

    VÖ: 13.04.2007 | Label: Strangeways/Indigo
    Text: Oliver Uschmann
    7 / 12

    Doppel-Rezension mit Fertig, Los! – Das Herz ist ein Sammler

    Je kritischer sich junge deutsche Gitarrenpopper finden, desto braver sind sie. Manchmal ist es nicht zum Aushalten. Manchmal schon.

    Auf dem Debüt von Tokio Hotel gab es einen Song, der sich über das Phänomen Boyband lustig machte, und Hartmut Engler von Pur schließt sich dem Aufstand der Anständigen an, sobald er nur den Mund aufmacht. Das Nervenzehrende an handwerklich guten Bands wie Anajo und eben Fertig, Los! ist, dass sie als Indie durchgehen, sich aber in ihrer harmlosen, schlicht gereimten Kritik an Neonazis, Marketing-Terror oder Entfremdung um nichts von den Mainstream-Ikonen des Landes unterscheiden. In seinen Songtexten zeigt sich Phillip Leu von Fertig, Los! betroffen über Neonazis, aufdringliche Werbestrategien und entfremdete Bürger vor großen Fernsehern: Zwei Motive, für die jeder Lektor heute seinem „sozialkritischen“ Hausdichter den Hintern verdreschen würde. Doch selbst diese Minimalkritik nimmt Leu im Begleittext noch halb zurück, indem er gesteht, manchmal selbst den Verlockungen eines schicken Handys zu verfallen. Im DVD-Portrait der Band nimmt er während des Interviews einen Anruf an und säuselt sein „Darf ich dich zurückrufen?“ so bambi-äuglein-brav in den Hörer wie seine Texte ins Mikro, die er intoniert, als wäre er ein kleiner Knabe, der vor der Welt noch staunen muss. Weit besser retten sich da die untragbar benannten Junges Glück aus der Affäre, die auf dem geschmackssicheren Label Strangeways ihren Tonfall gefunden haben. Zeitloser Gitarrenpop mit Schürfwunden, eher Lemonheads als Matchbox 20, eher Schrottgrenze als Anajo. Dazu um die Ecke gedachte poetische Bilder, die gestelzt wirken können, aber wenigstens Charakter haben. Der beschränkt sich bei Fertig, Los! auf eine studentische Ringelpulli-Bissigkeit, die sich authentisch findet, aber noch weniger Rock’n’Roll ist als die konstruierte Unnahbarkeit von Tokio Hotel, die ironischerweise heute bedeutend härter klingen als der neue Indie-Streichelzoo.

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    VÖ: 05.09.2005