Die Meinungen torkeln wie ein Jeck an Weiberfastnacht. Man ist geneigt, Strichlisten zu führen, um endlich herauszufinden, ob man die Amerikanerin für ihre Art des Singens nun rühmen oder rügen soll. Und doch führt ein noch so ausgeklügeltes System zu dem wenig Ruhe stiftenden Ergebnis: Kann man so und so sehen. Um diese Stimme kurz zu beschreiben: Jolie Holland klingt, als singe Tom Sawyer nach seinem ersten Whiskeyrausch in eine Streichholzschachtel, in der ein kleines aber exzellentes Mikro jede Schwingung aufnimmt und über ein altes Radiogerät abspielt. Um die Sache jetzt nicht noch komplizierter zu machen, sei gesagt, dass ihre Begleitband The Grand Chandeliers eine Musik spielt, die zu diesem Bild passt. Die Instrumentierung ist typisch Americana, die Steel-Guitar jault, ohne sich zu sehr zu beschweren, Bass und Schlagzeug rollen unaufgeregt durch die weiten Landschaften. Menschen, die langsam aber sicher ergrauen und daher Spiegel lieber meiden, nennen solche Sachen gerne zeitlos und glauben sich selber kaum. Kein Song auf Pint Of Blood wäre der Rede wert, wenn da nicht diese Stimme wäre. In Remember – eine Art Popsong-Versuch – gibt sich Jolie Holland die meiste Mühe, die müden Harmonien irgendwie über den Berg zu retten. Die ruhigeren Stücke wie June oder Rexs Blues singt die Künstlerin weniger rudernd und sogar manchmal beinahe zurückhaltend. Man hört dann gerne zu, denkt sich, weniger ist mehr, und erinnert sich zurück: Auf ihrer Platte Springtime Can Kill You sang Holland das bezaubernde Lied Mexican Blue, das klang, als hätten Radiohead einen Song für einen Tarantino-Western geschrieben. Hier liegt also die Lösung: Für diese Stimme ist ein toller Song das beste Pferd.