Bei der ersten unvorbereiteten Begegnung mit dem dänischen Kleinstwagen muss zunächst einmal voll auf die Bremse gedrückt werden. Hypnotisiert klebt man ihm hinten an der Stoßstange, fasziniert von der ungeniert zur Schau gestellten Gemächlichkeit. Nach kurzer Zeit fängt man aber an, mit den Fingern nervös aufs Lenkrad zu tippen, fuchtelt dann wild mit Händen herum. Es soll schneller vorwärtsgehen! Nach fünf Songs hält man es schließlich nicht mehr aus und hupt wie ein Wahnsinniger. Der Vordermann schleicht unbeeindruckt weiter. Auf diese Weise tuckern I Got You On Tape jetzt schon seit sechs Jahren über skandinavische Europastraßen – konstant im Midtempobereich. Als Liebhaberprojekt gegründet, versammeln sich hier vier Musiker aus unterschiedlichen Bereichen, von Jazz bis Noise. Heraus kommt ein technisch perfekter Kompromiss, der leider selten Fahrt aufnimmt. Jacob Bellens raspelt mit seiner Reibeisenstimme tiefe Furchen in lethargische Semi-Rocksongs, die allesamt zu lange in der Reifekammer aufgehängt wurden. So wird Spinning For The Cause zur Geduldsprobe: qualvoll beruhigend das hymnenartige Kirchenlied Polkadots, zwanghaft verträumt der Titeltrack. Man möchte die Songs anschieben, ihnen den Auspuff abmontieren, das Album mit dem Wagenheber demolieren, so dass es raucht und röhrt. Erst ganz zum Schluss wird für Wedding Song endlich die Shoegazer-Rakete gestartet. Allerdings ist der Hörer dann längst über den Grünstreifen vorbeigezogen.
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Church Of The Real
VÖ: 19.10.2012