Heavy Lungs
Caviar
Text: Jonas Silbermann-Schön | Erschienen in: VISIONS Nr. 386

Wer schonmal in einer Küche gearbeitet hat, kennt das Gefühl, dass sich Heavy Lungs’ Danny Nedelko im Appetizer “Yes Chef” zusammenschreit: „Check on, you’re already behind/ What is that, are you going blind/ Send you home in a coffin tonight/ Paracetamol and seventy pints“. Diese räudige Ode an die Freuden in der Gastronomie hinterlässt einen mit mindestens genauso miesen Kopfschmerzen wie eine Doppelschicht bei Kochcholeriker Gordon Ramsay.
Für Katerstimmung haben Heavy Lungs aber weder Zeit noch Lust darauf, weshalb sie ihr zweites Album auch in kürzester Zeit live eingespielt haben. Selbst wenn sie in “Get Out” vermeintlich Frieden in Urlaub und Digital Detox finden, klingen sie daher so gehetzt, als würde ihnen Steve Albini mit der Kettensäge hinterherjagen. Atmen die Briten in “Into The Fire” zwischen all dem dröhnenden Stop-and-go-Gehämmer der Shellac-Schule einmal durch und fantasieren über Milchshakes und Dinner-Dates mit Willem Dafoe, schmeckt das aber auch nur nach Sludge und schwarzer Galle.
Dann lieber in “Caviar” direkt dem Exzess hingeben und so tun, als wäre ein Leben mit Casino-Besuchen und Steaks möglich. So richtig explizit wird der erratische Frontmann Danny Nedelko kaum, seine Botschaft kommt trotzdem an: Es ist eh alles im Arsch, warum sich nicht also gleich mit beiden Händen am Büffet vollstopfen und nicht an die Folgen denken. Bon Appetit!
Das steckt drin: Gilla Band, Idles, Mclusky
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