Gus Gus
This Is Normal

GusGus kommen aus Island, wo ein halber Liter Bier 15 DM kostet und jeder Mensch mindestens zwei Jobs hat, lehrt uns das Info. Sie bestehen aus neun (!) Leuten, die alle noch andere, teilweise super-hippe Jobs haben (Fotograf, Regisseur usw.), die sich aber nicht weiter negativ auf die Musik auswirken. Im Gegenteil: verbindet sich hier doch aufs Angenehmste eine gospelmäßige Wärme mit pluckernden Electro-Sounds, die ja immer mit Kälte assoziiert werden, so dumm das auch sein mag. Für meine Ohren klingt das auf eine nicht weiter zu hinterfragende Weise sehr richtig und nachvollziehbar. Die Gesangsspur teilen sich Frauen und Männer gleichzeitig und nacheinander, da sind die Isländer ganz emanzipiert, und die Isländerinnen ja sowieso. Beim weiblichen Gesang denke ich unoriginellerweise nur an Portishead und im zweiten Rechenschritt an TripHop, aber bevor mich das skeptisch werden läßt, schließt sich ein klasse Garage-House-Track an, der eine orgelige Wärme verstrahlt und sogar ein bißchen ins Acid-Jazz-Lager lappt, ohne mit Muckertum zu prahlen. GusGus beherrschen zudem die hohe Kunst der Hollywood-Dramatik, wie wir beim Anwählen von „Bambi“ feststellen. Ein unglaublich sentimentales Stück, das mich an die grandiose Mercury Rev-CD vom letzten Jahr erinnert. Vielleicht sollte jeder Tag dieses Frühjahrs mit diesem Song ausklingen. Scott Walker könnte davon eine Coverversion machen, ohne rot zu werden. Beim Hören dieser Platte stellt sich des öfteren der Eindruck ein, daß hinter der Musik eine Art Konzept steht, das genau festlegt, was verboten und was erlaubt ist. Eine Affirmation des unnatürlichen Ausdrucks, der gleichzeitig eine Absage an allzu expressive Stilmittel einschließt, die auch dazu führt, daß hier zu keinem Zeitpunkt Rockmusik vorkommt. In diesem Sinne sind GusGus Verwandte der Pet Shop Boys. Was nicht weiter schlimm ist.