Grey Goose
'Til The Medicine Takes
Text: Daniel Gerhardt
Die Verknüpfung ist schnell gemacht: Grey Goose nennt sich der Wodka, den Amerikas
Schnapstrinker zurzeit am liebsten tanken. Und Kaleb Stewart, Mastermind und
Bärenstimme der gleichnamigen Band, singt auch wirklich, als würde er dreimal täglich
mit dem Zeug gurgeln. Obwohl er und seine Männer aber aus dem Umfeld der trinkfesten
Hot Water Music stammen, geht die Namenswahl des früh ergrauten Punkrock-Vets ein paar
Etagen tiefer. Das As Friends Rust-Mitglied der ersten Stunde hat sich nämlich bei
einem Song der Blues- und Folk-Legende Leadbelly bedient, als es darum ging, sein neues
Projekt zu benennen. Und das spricht natürlich Bände. Grey Goose wollen den Punk bei
den Wurzeln packen, zurück zur Essenz dessen, was zwei Minuten und drei Akkorde einmal
bedeutet haben. “‘Til The Medicine Takes” spielt diesen Gedanken in zehn kratzigen,
schnörkellosen, aber niemals wirklich schnellen Songs durch. Es klingt so, wie es sein
muss, wenn man auf einmal 30 ist und immer noch nicht weiß, wohin einen das Leben bitte
lenken soll. Aber es hört sich leider auch so an, als hätten die Protagonisten sich
längst an diese Ungewissheit gewöhnt. Ein echtes Aufbäumen ist da nicht, der letzte
Biss, das kleine bisschen Biestigkeit – sie fehlen diesen Songs. So kann man vielleicht
eine gefällige Platte machen. Aber zu den Wurzeln des Punkrocks kommt man nicht durch
damit.