Great Lake Swimmers-Produzent Andy Magoffin soll sich sehr gefreut haben, als er erfuhr, dass die Band um Sänger, Gitarrist und Songwriter Tony Dekker ihr fünftes Album „New Wild Everywhere“ ausnahmsweise nicht in einem Getreidesilo, einer Kirche oder einem Burggemäuer, sondern in konventioneller Studioumgebung in ihrer Heimatstadt Toronto einspielen wollte. Endlich brauchte er Mischpult und Mikros mal nicht in die Walachei zu karren. Moderner und urbaner klingen die Great Lake Swimmers deshalb noch lange nicht. Auch in den neuen Songs streift Dekker ausgiebig durch Mutter Natur, seine spirituelle Heimat, in der er gerne Motive für seine – zuweilen plakativen – Texte aufliest. Mit melancholischer Tenorstimme singt der Bartträger von Donner und Wind, von Kojoten und dem kornblumenblauen Schimmer nächtlicher Lagerfeuer, erzählt vom Schicksal Ölkatastrophen-gebeutelter Fischer und eines Schiffbrüchigen im Sturm. Gewohnt erdig und traditionsbewusst auch die musikalische Untermalung: Banjo, Mandoline und Pedal Steel lassen grüßen. Es mag am Komfort der verfügbaren Studiotechnik liegen, dass „New Wild Everywhere“ opulenter und treibender ist als frühere Great-Lake-Swimmers-Alben. Eine nicht immer vorteilhafte Entwicklung. Gerade die Streicher hätten ruhig sparsamer eingesetzt werden dürfen. Wie alles andere auf der Platte sind sie zwar sehr schön, wirken in den rockigen Momenten aber einen Tick zu geschmackvoll, zu glatt geraten. Immerhin: Beim gepflegten Trucker-Schwof würde „New Wild Everywhere“ trotzdem nicht aus dem Rahmen fallen.
