Folglich wird es eng auf ihrem zweiten Album, nichts ist niemals heilig und kein Gesangspart vor der nachträglichen Verfremdung sicher. Man kann es sich deshalb einfach machen und The New December eine unruhige und unausgeglichene Platte nennen. Nichts anderes war zu erwarten, wenn eine Rockband (sozusagen) auf Sufjan Stevens Label landet, sich aber offenbar besser mit dessen einziger Elektronik-Platte Enjoy Your Rabbit auskennt, als mit dem Folk-Orchester-Dirigenten, der er später noch werden sollte. Dabei sind Fol Chen eigentlich Jäger des großen Popmoments: Aus ihrem besten Stück Adeline (You Always Look So Bored) bricht ein kurzer steinerweichender Teil heraus, den eine Band wie Stars zum breiten Erfolgsrefrain hochjazzen würde, und They Came To Me reitet so lange auf seinem Deppendisco-Beat herum, bis man sich selbst beim In-Bewegung-Kommen zugucken muss. Fol Chen wissen eben nicht nur, wie man einen Song, sondern auch seinen Hörer manipuliert. Die Geheimniskrämerei, mit der sich die Band hinter Masken versteckt und um eine unzweideutige Außendarstellung herumdrückt, ist deshalb ebenso logisch wie unnötig – sie verträgt sich gut mit einer Platte, die so viele Gesichter hat wie The New December, aber sie ist nie so verwirrend wie die Wandelbarkeit der Musik selbst, die sich gleich im Opener The Holograms als Future-Funk-Elektro-Rock zwischen alle Stühle wirft. Dort veranstalten Fol Chen dann so eine Art Topfschlagen für Feuilleton-Leser und andere Schlauberger. Den Vorwurf einer gewissen Eierköpfigkeit müssen sie sich nämlich schon gefallen lassen.
weitere Platten
Part I: John Shade,Your Fortune'S Made
VÖ: 29.05.2009