Der kompromisslose Rhythm & Blues von Dr. Will wäre der perfekte Soundtrack für eine solche Pilgerreise zurück zu den Grassroots. Ob man den Trip als Fan von Tom Waits, Kyuss, Masters Of Reality oder Helge Schneider antritt, ist zweitrangig. Emotional ankommen werden irgendwie alle, wenn Dr. Will seinen rumpeligen Bluesbus in die Heimat steuert. Dabei spricht vor Fahrtantritt einiges dagegen, hier einzusteigen: Dr. Wills Whiskeyflecken riecht man schon auf seinen Promofotos, und der Mann mit dem dubiosen Schnäuzer ist kein armer Landstreicher aus dem Mississippi-Delta, sondern erfahrener Produzent und Musiker aus München. Genug gesehen hat er trotzdem von der Blueswelt, denn Dr. Will war lange genug in der Londoner R’n’B-Szene und in New Orleans, um dem Blues, Cajun und Country zu verfallen. “Itching Again” ist somit alles anderes als ein Debüt, sondern pure Bluesexpertise im 15. Karrierejahr. Der Doktor raunzt den schmutzigen Blues, bis seine Augäpfel aus der Höhle zu fallen drohen. Dekadente Höhepunkte wie in “Penthouse Pauper” wiederholen sich erfreulich oft, womit “Itching Again” den geeigneten Hintergrund für alkoholbedingte Totalabstürze liefern kann. Wenn das mal nicht volle Absicht war.