Cloakroom
Last Leg Of The Human Table
Text: Daniel Thomas | Erschienen in: VISIONS Nr. 384

Amerika erodiert. Nicht schleichend, nicht im Verborgenen, sondern vor aller Augen, in einem Tempo, das den Verstand überfordert. Mit der Schlagzahl an Breaking News, die aus dem Weißen Haus abgesetzt werden, kann kaum einer mithalten. Es ist die Taktik der Überforderung und das Spiel mit der Ungewissheit. Was davon ist nur Affront und was tatsächliche, folgenschwere Entscheidung. Was auch immer Trump und sein Gruselkabinett, samt nicht legitimierter Oligarchen von der Demokratie übriglassen, die USA haben schon jetzt ihre Seele verloren. Daran haben Cloakroom, das Trio aus Indiana um Sänger Doyle Martin, nicht den geringsten Zweifel.
Nun taugt ihr Sound weder zum ins Kissen weinen noch für den Widerstand. In ihrem melancholischen, nie gänzlich blickdichten Nebel steckt schlicht ernsthafte Besorgnis, die weder resignativ noch zweckoptimistisch daherkommt. Das hat inmitten dieser verdammten Polykrise Seltenheitswert, lautet die Devise doch meistens: Kopf hoch oder Kopf in den Sand.
Dass Cloakroom dabei im Tempo völlig flexibel sind, macht es noch besser. “Bad Larry” und “Cloverlooper” unterscheiden nicht nur ein paar BPM, sondern auch einige Schichten an verzerrten Gitarren. Weil sie stets den richtigen Ton zwischen Härte und Sanftmut, zwischen Slowdive und Nothing treffen, gelingt ihnen nicht nur ihr vielseitigstes, sondern auch ihr bislang bestes Album.
Das steckt drin: Codeine, Nothing, Slowdive
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