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    Circus Trees
    Delusions

    VÖ: 14.08.2020 | Label: Five By Two/Import
    Text:
    Circus Trees - Delusions

    Drei Teenager-Schwestern veröffentlichen ein frühreifes, fertig geformtes Debütalbum, das Slowcore und Shoegaze mit wütenden Post-Rock-Elementen kreuzt. Ihr Können zwingt zur Unvoreingenommenheit.

    Und das ist traditionell nicht leicht. Finola, Giuliana und Edmee McCarthy sind 18, 16 und 14 Jahre alt und veröffentlichen auf einer Plattenfirma, die ihr Vater eigens für ihre Kreativunternehmungen gegründet hat. Zwei Brüder helfen beim Bühnenaufbau, und auch sonst setzt das Trio aus Massachusetts auf familiäre Strukturen. Das mit dem Alter ist seit der im Frühjahr vergangenen Jahres erschienenen „Sakura“-EP inzwischen so oft angeklungen, dass es Circus Trees zu nerven beginnt. Sie wollen keinen Welpenschutz, kein gönnerhaftes Schulterklopfen und erst recht keinen Außenseiterbonus, und „Delusions“ ist das Biest von einem Album geworden, das dieses Ansinnen seinem Publikum einhämmert. Die Schrottkarren vom Cover geben einen ersten Ausblick auf die Musik, die nach einem kurzen gesprochenen Snippet mit „Wasted Air“ beginnt. Ein skandinavisch anmutender bleischwerer Gitarrenschleier wird kurz für Finolas jetzt schon abgeklärt wirkenden Gesang geöffnet, dann bekommen wir es mit dem Schlagzeug zu tun. Circus Trees haben die Laut-leise-Dynamik des Post-Rock verinnerlicht, spielen ihren atmosphärischen Slowcore hart und heftig wie ein Doom-Metal-Act und arrangieren die mehrgliedrigen Songs auch noch souverän durch. Im Gegensatz zur EP neigt „Delusions“ bereits zur Verfeinerung des überraschend brachialen Sounds. Bestes Beispiel ist das siebenminütige „Breath“, das ganze Klanglandschaften und eine komplette Palette von windstillen und stürmischen Klangwelten durchmisst. „Wir machen Musik, die nicht zu unserem Alter, unserem Geschlecht oder unseren Lebensumständen passt“, lässt die Band dazu ausrichten. „Wir sind jung, wir sind Schwestern, wir verbringen unser Leben in der Vorstadtwüste.“ Extrem persönlich sei das Album geworden, besessen von „Schmerz, Trauer und Verlust“, eine emotionale Fallhöhe, die sich beim Hören auch ohne konkretes Insider-Wissen vermittelt. „Was kann man als Teenager schon Dramatisches erlebt haben?“, mag der Zyniker fragen, für die Antwort kann man sich in der Regel bei so gut wie jedem Teenager erkundigen. Oder man kann die sechs Songs dieses verblüffenden Debüts auflegen, in denen gefühlt einmal alle drei Minuten die Welt untergeht. Nur um dann kraftvoll, nassgeschwitzt und vor Selbstbewusstsein strotzend wiedergeboren zu werden. Die Vorstadtwüste hat bei der (Ver)Formung junger angepisster Menschen jedenfalls wieder einmal ganze Arbeit geleistet.