Unterwegs frischte Condon die Liebe zu seiner alten Farfisa-Orgel auf – er hat sie auf dem gesamten Album verwendet. Ebenso halten Bläsersätze so prominent im Soundbild Einzug, dass man sich manchmal zurückversetzt fühlt zu “Brandenburg” oder “Postcards From Italy” vom Debüt “Gulag Orkestar”. 2007 war das, seitdem ließ Condon seine Arrangements in Frankreich, Mexiko und Elektronesien weilen. Für das, was später “Gallipoli” werden sollte, schrieb er bereits im New Yorker Winter 2016 erste Entwürfe und beaufsichtigte Sessions, in seiner Wahlheimat Berlin saß er dagegen etwas ratlos. Dann erfuhr er, wovon sein Bandkollege Paul Collins beim Flittern in Rom gehört hatte: Das Studio in der Freilichtmuseum-artigen Stadt Lecce und generell der Aufenthalt im Stiefelabsatz Italiens, Apulien genannt, müssen wie eine Frischzellenkur gewirkt haben. Wie in Trance, so Condon, seien er und seine Mitmusiker eines Tages im nahen Gallipoli (nicht das türkische) einer Art Blaskapellen-Osterprozession nachgelaufen – am folgenden Tag entstand in einem Rutsch das schwärmerische Titelstück. Überhaupt vermittelt “Gallipoli” den Eindruck, als musizierten Condon und Band losgelöst auf einer Sandbank im Zentrum einer mediterranen Bucht. Andere Klangfarben pinseln das Bodensee-Electrofolk-Instrumental “On Mainau Island” und “Corfu”, eine Broschüre für Wanderurlaube in Griechenland. Diese beiden wohl platzierten Ausreißer heben das Album nochmal auf ein Niveau über dem im Vergleich lustlos wirkenden Vorgänger “No No No”. Ab “Gallipoli” sind Beirut wieder spannend.
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