Banjo Or Freakout
Banjo Or Freakout
Text: André Bosse
Über kein Land der Welt ist das Bild der dort heimischen Musik so schief wie in Italien. Die Zucchero-Nannini-Ramazzotti-Mafia hat alles gleichgeschaltet, dieser Touristen-Nepp-Italopop dominiert das Image zu 99 Prozent. Allenfalls Dance- und Elektronik-Musiker entkommen dem Wahnsinn, doch progressive und spannende Avantgarde-Musiker oder Bands wie Claudio Rocchi oder Fausto kennen außerhalb Italiens nur die sehr gewissenhaften Sucher und Sammler.
In Italien selbst stoßen diese abseitigen Delikatessen jedoch immer wieder auf Interessierte. Natalizia war einer von ihnen, und als er mit diesen Platten im Gepäck in London aufschlug, waren diese Besitzstände seine Eintrittskarte in eine Szene von aufgeweckten Eletronica- und Laptop-Musikern, die in der Metropole längst nicht mehr so elitär ist wie in den 90ern. Schnell machte sich Natalizia als Remixer für Bloc Party, Burial und Wild Beasts einen Namen; zusammen mit Sam Willis gründete er das Projekt Walls. Dann ging es weiter nach New York, um aus ersten Schlafzimmer-Demos ein Album entstehen zu lassen. Dabei war es Natalizia wichtig, “Banjo Or Freakout” nicht als Kopfgeburt erscheinen zu lassen. Sanft kombiniert er Einflüsse, kreuzt auf “Move Out” The Jesus & Mary Chain mit kosmischer Musik, verweist in Idiot Rain auf seinen großen Songwriter-Helden Bob Dylan, taucht in “Cant Be Mad For Nothing” tief in die dunkle Elektro-Materie ein und bietet mit “Fully Enjoy” einen fabelhaften Abstecher in orientalische Motive und jazzige Postrock-Gefilde, in denen früher mal Karate daheim waren.