Annuals
Count The Rings
Text: Oliver Schröder
Und was Ende der Achtziger Jahre mühsam aus den damals noch relevanten Charts geprügelt werden musste, fällt uns nun in der Indiesparte wieder umso heimtückischer in den Rücken: schlagerartige Streicherarrangements, weltmusikalische Crossover-Experimente, vielspurige Gesangsaufnahmen.
Auch Annuals bedienen sich reichlich aus diesem Fundus der Geschmacksherausforderungen. Nachzuvollziehen an den Jahresringen der Songs. Hier lässt sich jeweils genau ablesen, wie vielschichtig und detailreich die Band zu Werke gegangen ist. Annuals sind damit so etwas wie die guten Förster im Indiepopwald. Sie pflegen zaghafte Melodien gesund, bis aus ihnen lauthalsige Chöre werden. Sie fällen gewaltige Rockeichen, um Platz zu schaffen für einen lockeren Bewuchs aus karibischen Klängen, Klavierballaden und uncoolen Gefühlsausbrüchen. Als regelrechte Jäger und Sammler der Popgeschichte verwenden sie alles, was beim letzten Klangsperrmüll stehen geblieben ist: Vocoder, Blechbläser und merkwürdige Perkussionsinstrumente.
Count The Rings vereint Annuals-Lieblingssongs und B-Seiten aus den vergangenen drei Jahren für den europäischen Markt und kommt damit leider zu spät, um die Aufmerksamkeit zu erhalten, die die Qualität der Songs durchgängig verdient. Zu viele ähnlich klingende Jungbands verstopfen allein durch ihre bloße Masse momentan die Aufmerksamkeitsspanne des geneigten Hörers. Dabei muss man hier schon genauer, und vor allem länger hinhören, um sich mit skurrilen Uptempo-Versuchsanordnungen wie Loxstep anzufreunden.