So ein Genre-Gemisch bedeutet fast immer, dass klanglich etwas passiert, das in dieser Form einzigartig oder zumindest selten ist – und das trifft im Fall von Agrimonias drittem Album “Rites Of Separation” zu. Die Platte beginnt mit einem unheilvollen Dröhnen, das nach verbrannter Erde, beißendem Wind und einem bestenfalls grauem Himmel klingt. Ein Gitarrenriff mit scharfen hohen Tönen zerschneidet diese Atmosphäre und betont noch einmal, dass sich in diesem Ödland niemand aufhalten sollte. Das Schlagzeug setzt in einem Tempo ein, das dem langsamen Schreiten bei Begräbnissen entspricht. Nach diesem Intro bricht der Song los in eine Richtung, in der die Genres nicht mehr auseinanderzuhalten sind. Alles ist düster wie im Doom Metal, der Rhythmus ist klar strukturiert und hart wie im Post Metal, treibt zwischenzeitlich wie im Hardcore und Crustpunk, was Sängerin Christina mit ihrer Reibeisenstimme noch einmal unterstreicht. Je nachdem, welche Richtung Agrimonia gerade einschlagen, passt ihre Stimme zum Mix oder nicht. Von atmosphärischen Passagen etwa hebt sie sich seltsam ab. Sonst ist die Mischung erstaunlich stimmig. Sich nicht auf ein Genre festzulegen, erlaubt Agrimonia, einige unerwartete Haken zu schlagen. Gelegentlich öffnet sich die Band sogar noch für Black Metal, in “The Battle Fought” etwa. Hervor sticht allerdings der beschriebene erste, fast elfminütige Song “Talion”. Die Stimmung und das unangenehme Anfangsriff machen ihn zum spannendsten des Albums.
7/12 karsten köhler