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    Geddy Lee
    My Favorite Headache

    VÖ: 30.10.2000 | Label: Atlantic/Eastwest
    10 / 12

    4-Ohren-Test

    Das erste Soloalbum eines Progrock-Multitalents. Geddy Lee, bei Rush verantwortlich für Gesang, Bass und Keyboards, bewegt sich in bekannten Gefilden und macht Lust auf mehr aus dem Hause Rush. Aus Langeweile habe er dieses Album aufgenommen, meinte der höfliche Kanadier neulich am Telefon (siehe Auftakt). Nun, wenn der Mann sonst nichts zu tun hat, bitte mehr davon! Denn erstens klingen viele Songs naturgemäß sehr nach seiner Stammcombo, auf der anderen Seite sind es die vielen Zwischentöne (mit Keyboards und schönen Synthie-Streichern), die dieses Album interessant machen. Aber was rede ich da? Meiner Meinung nach haben sich Rush in den Neunzigern wieder neu erfunden. Weg vom totalen Bombast- und Pathos-Overkill, hin zu einfacheren Songstrukturen. Genauso klingt „My Favorite Headache“. Relaxt, professionell und überhaupt nicht abgehoben. Geddy Lee – früher wegen seines hohen Gesangs in Europa oft gehänselt und nicht verstanden – hat sich spätestens seit „Roll The Bones“ (1991) auf das Wesentliche beschränkt. Auch wenn es nervt und ich immer wieder auf Rush zurück komme, es geht nicht anders. Bin mir auch nicht wirklich sicher, ob diese Platte mit Alex Lifeson und Neil Peart besser geworden wäre. Ist das nun schlimm? Ich denke nicht. Höchstens ein ganz großes Kompliment. Diese Musik macht dich gerade im Auto zu einem Piloten, lässt deine Seele baumeln, beruhigt ungemein und ist trotzdem auf sehr hohem Niveau entstanden. So ein Kunststück gelingt nicht vielen. Außerdem entwickelt sich Pearl Jam-Drummer Matt Cameron mittlerweile zu einem Allrounder. Respekt hoch drei. Tolles Album.
    10

    Kopfschmerzen finde ich grundsätzlich nicht schön, aber wenn überhaupt, dann gehört der von dieser Platte erzeugte Brummschädel absolut nicht zu meinen Favoriten. Gut vorstellbar, dass Mr. Lee dieses Album aus Langeweile aufgenommen hat, weil „My Favourite Headache“ auch genau dieses Gefühl beim Hörer hinterlässt. Sicher, es ist nicht einfach nur stupide langweilig, sondern absolut perfekt langweilig. Das ist Musik von einem nicht mehr ganz so jungen Herrn für ebensolche Menschen, aber auch wenn ich in der Redaktion schon die meisten Lenze auf dem Buckel habe, werde ich die ‘Reife’ für solch blutarme AOR-Scheiben wohl nie erlangen. Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich mich bei allem Respekt auch nie wirklich für Rush erwärmen konnte, weshalb eine Empfehlung für die Fans dieser kanadischen Progrock-Institution sicherlich in Ordnung geht. Aber wie viele gibt es davon unter den VISIONS-Lesern? „Living in the present tense“ singt Geddy im zweiten Song, der aber musikalisch wie Past Perfect anmutet. Nee, sorry, aber wenn ich mich aus Versehen mit diesem Geplätscher im Auto berieseln lassen würde, wäre ich vom Piloten-Feeling weit entfernt. Eher schon würde ich Gefahr laufen, mit Tempo 80 die linke Spur zu blockieren und es nicht einmal zu merken. Und zu Matt Cameron kann ich nur sagen, dass er schon verdammt lange einer der weltbesten Rockdrummer ist. Dieses Album kann er da in seiner beeindruckenden Biographie mit gutem Gewissen unter den Tisch fallen lassen.
    5