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    Billy Nomates
    Cacti

    VÖ: 13.01.2023 | Label: Invada/Pias/Rough Trade
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 358
    Schönheit
    Billy Nomates - Cacti

    War es auf ihrem Debüt noch ein Leichtes, Billy Nomates zu den Sleaford Mods in die überfüllte Post-Punk-Schublade zu stecken, macht sie sich mit ihrem beeindruckend selbstproduzierten zweiten Album von Genregrenzen und weiterem Ballast frei.

    Working-Class-Schnauze, Fuck-You-Attitüde, minimale Beats und ein textlicher Schlag in die Magengrube – damit beförderte sich Multiinstrumentalistin Tor Maries alias Billy Nomates vor drei Jahren mit ihrem gleichnamigen Debüt in eine Nische, die auch die Electropunks Sleaford Mods durch ihre Authentizität bedienen, und konnte prominente Fans wie Iggy Pop, Florence Welsh und Steve Albini gewinnen. Doch schon damals deutete Billy Nomates an, dass sie für Nischen zu vielschichtig ist – sonst hätte sie wohl kaum Geoff Barrow (Portishead, „>Beak) bei seinem Label Invada unter Vertrag genommen und ihre ersten beiden Platten abgemischt. „Cacti“ stellt das eindrücklich unter Beweis. Das, was Billy Nomates wie üblich in ihrer Küche oder ihrem Wohnzimmer mit einem Zwölf-Tasten-Synthesizer schreibt, nimmt sie nun mit ins Studio, wo Barrow sie die Instrumentenschränke plündern lässt. Allein im gnadenlos tanzbaren Opener „Balance Is Gone“ lassen sich so unter ihrem messerscharfen Gesang, der treibenden Bassline und sengenden Joy Division-Gitarren mehr kosmische Synthiesounds finden, als man an einer Hand abzählen kann. Bei „Roundabout Sadness“ erklingt eine seltsame Wurlizter-Orgel, auf „Vertigo“ überschlagen sich Drum-Machine-Beats und Effekte gegenseitig und mit „Fawner“ präsentiert sie erstmals eine Akustikgitarre in einem sehnsüchtigen Americana-Stück unter Field Recordings aus einem Pub. Generell liegt der Fokus mehr auf Gesang als auf Sprechgesang, womit „Cacti“ auch ihr Herz für 80s-Pop offenbart: „Spite“ als ultimative Selbstermächtigungs-Hymne wäre vor 40 Jahren ohne Probleme ein Hit geworden, wären da nicht die verzerrten Gitarren, und wer will, kann bei „Same Gun“ den Hüftschwung der Fine Young Cannibals raushören, würde sich Billy Nomates nur mehr um übertriebenes Gesülze scheren. Doch sie geht lieber dahin, wo es wehtut, und steckt mehr ein, als sie noch zuvor austeilte – außer es geht um Depressionen, denen sie mit „Blue Bones (Deathwish)“ einen Kinnhaken verpasst: „‚Cause death don’t turn me on like it used to/ No, the end don’t get me high like the start do.“ Grandios wie sie mit minimalsten Mitteln ein komplexes Biest aus Synthies, Seelenbalsam und Stacheldraht zusammenschnürt, das auch bestens allein auf der Bühne funktioniert – und wie niemand außer Billy Nomates selbst klingt.

    weitere Platten

    Emergency Telephone (EP)

    VÖ: 05.03.2021

    Billy Nomates

    VÖ: 07.08.2020