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    Thees Uhlmann
    Junkies und Scientologen

    VÖ: 20.09.2019 | Label: Grand Hotel van Cleef/Indigo
    Text:
    Thees Uhlmann - Junkies und Scientologen

    Danke für den Giftschrank, in dem der vorläufige Vorgänger von „Junkies und Scientologen“ seinen Platz gefunden hat. So wurde dieses Album erst möglich.

    Die Ironie der Geschichte, und dafür ist Geschichte immer gut, ist, dass Thees Uhlmann eine Platte machen wollte, die den Geist von Tomte versprüht. Da man anscheinend selbst mit einem Bestseller-Roman im Rücken nicht jeden Tag Zeilen wie „Die Schönheit der Chance/ Dass wir unser Leben lieben/ So spät es auch ist/ Das ist nicht die Sonne, die untergeht/ Sondern die Erde, die sich dreht“ aufs Papier bringt, lief dieses Vorhaben irgendwann vor die Wand. Künstler frustriert, Neustart – alles nachzulesen in unserer Titelstory in VISIONS 319. Das jetzige Ergebnis ist eine Überraschung, denn es klingt gleichermaßen nach seinen beiden Vätern: Uhlmann und Tomte. Vom einen hat es die Lust an der Poplektüre und bietet zwölf wortreiche Kurzgeschichten, für die man allerdings keine Reclam-Lektürehilfe braucht. Da gibt es die glorreiche Feierstunde für den Horror-Altmeister Stephen King („Danke für die Angst“), das episch betitelte „Ich bin der Fahrer, der die Frauen nach Hiphop-Videodrehs nach Hause fährt“ – YouTuber würden das „Die Zerstörung der HipHop-Bigotterie“ nennen – und auf die Zeile „Du hattest einen Plan vom Leben/ Ich hatte Fury In The Slaughterhouse“ in „Was wird aus Hannover“ muss man auch erstmal kommen. Was die andere Hälfte beisteuert? Sturm, Drang und Haltung. Wenn nach rund zwei Minuten Uhlmanns Stimme in „Avicii“ kehlig kippt, kann man ihn vor dem inneren Auge auf der Bühne stehen und live spielen sehen. Wenn man weiß, dass man nicht die Marktmacht eines Majorlabels im Rücken hat, dann braucht man sich auch nicht um deren Businessplan zu scheren, und das Titellied des neuen Albums darf dann einfach über sechs Minuten lang gehen. Während Radioredakteure mit der ersten Hälfte der Platte etwas glücklicher sein dürften, weil sie hier mehr Singles finden, kann man sich über die Vielfalt in der zweiten Hälfte freuen. „Katy Grayson Perry“ ist ein Rocksong mit Quatschtext. „Menschen ohne Angst wissen nicht, wie man singt“ klingt wie ein akustischer Tomte-Rauswerfer alter Couleur. „Die Welt ist unser Feld“ bietet nochmal 150 Sekunden Gitarrenmusik, bei denen Silben wieder zu Uhlmanns Handwerkszeug werden: Da wird gezogen, da wird gequetscht, und was nicht ins Metrum passt, wird passend gemacht – die Schönheit der Chance. Vielleicht werden sich irgendwann einmal die Tore des eingangs erwähnten Giftschranks öffnen und all jene spannenden Fragmente freigeben, die nichts geworden sind. Oder man hat einfach Spaß an „Junkies und Scientologen.“

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