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    Mahlstrom
    Mæander

    VÖ: 06.04.2018 | Label: Through Love/Indigo
    Text:
    Mahlstrom - Mæander

    Das erste richtige Album von Mahlstrom sticht aus der zuletzt zunehmenden Menge an deutschsprachigen Post-Hardcore-Veröffentlichungen heraus. Und hat dabei sogar noch Luft nach oben.

    Wenn man als (Post-)Hardcore Band auf Deutsch singt und dabei zugleich anspruchsvoll klingen und eine Aussage transportieren möchte, muss man die richtige Balance finden, sonst klingt es leicht peinlich, kitschig oder verkopft. Quasi jede Zeile liegt auf der Goldwaage, weil sie mit Nachdruck vorgetragen wird. Nichts ist nur so dahergesungen, alles muss sitzen. Es ist mittlerweile 13 Jahre her, dass Escapado all das auf ihrem Debütalbum „Hinter den Spiegeln“ überzeugend gelang. Die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Escapado und Mahlstrom sind nicht zu überhören und -sehen, so wie es auch Parallelen zwischen dem damaligen Escapado-Label Zeitstrafe und dem jungen Label Through Love gibt, auf dem „Mæander“ erscheint. „Was ist heute schon normal?“, schreit Sänger Jakob als erste Zeile der Platte heraus, zu den schneidenden Gitarren im Opener „Hyper-Normal“ – eine Antwort findet die Band aus Ditzingen bei Stuttgart in den folgenden 36 Minuten nicht. Dafür stellen sie noch mehr Fragen, die trotz Interpretationsspielraum nicht nach Floskeln klingen, sondern zynisch zwischen dem eigenen und dem gesellschaftlichen Kosmos wechseln: „Wie soll ich das verstehen?“ in „Blue Marble Blues“, „Was ist diese Einheit wert?“ oder „Wie viele Bilder müssen heute noch entstehen?“ in „Werte Gemeinschaft“, das von einer zerfallenden Stadt und Moral handelt und dessen Zeilen „Ich habe keine Fragen mehr, weil alle Fragen ins Leere führen“ eben nicht auf Mahlstroms Album übertragbar sind. Noch besser ist das Quartett jedoch, wenn es klare Ansagen macht, etwa in „Dawei“, das von den täglichen Schwierigkeiten zwischen Freiheitsbedürfnis und Sicherheitsdenken handelt: „Erhebe das Wort, ohne darunter zu leiden“. Oder in „Echokammer“, ein Highlight des Albums, das dank scharfkantiger Gitarren und drängelndem Schlagzeug nicht zur Ruhe kommt: „Also brich den Rhythmus/ brich die Stille, brich dein Schweigen/ Brich den eigenen Rhythmus/ Wenn du zuhörst, ist ein Schritt getan“. Weil es hier oder im direkt zu Beginn rasenden „Am Lachen vorbei“ so gut funktioniert und man aufgrund der Dynamik und des Wechsels zwischen Gesang und Geschrei wirklich oft an Escapado denken muss, wünscht man sich manchmal noch mehr Faust statt flacher Hand, mehr rasende Wut in der Stimme oder der Instrumentierung. Oder solch gelungene Experimente wie die kurze Noise-Einlage in „Frustschranke“, die den Song herunterfährt. Für Mahlstroms Zukunft gilt hoffentlich das Gegenteil.

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