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    Blis.
    No One Loves You

    VÖ: 19.10.2017 | Label: Sargent House/Cargo
    Text:
    Blis. - No One Loves You

    Man könnte schreiben: Blis machen Emo für Erwachsene. Oder: Blis versöhnen Fans alternativer Rockmusik mit den Geschmacksverirrungen ihrer musikalischen Findungsphase. Oder man legt einfach den kurzen Inhalt einer Mail offen, die im August durch die Redaktion geisterte.

    Da hatte die junge Band aus Atlanta gerade den Song „Stale Smoke“ veröffentlicht, einer der besten von „No One Loves You“. „Das ist gut. Sargent House eben“, stand da im Textfeld, darunter ein Link zum Stream. Jüngere Generationen sekundierten daraufhin mit feierlichem Ernst, ehemaligen Emo-Fans, die längst weitergezogen waren, wurde wieder klar, warum sie das Genre zu Beginn überhaupt frequentiert hatten. Zumal die Musik auf dem ersten Album des Quartetts auch noch klingt, als sei sie irgendwann in den 90ern aufgenommen und bis jetzt unter Verschluss gehalten worden. Kraftvoll, punktgenau, melodiös und im richtigen Maß überschwänglich, also wie ein aus dem Proberaum der jungen Smashing Pumpkins entwendetes Tape, über das ein dürres weißes Kid seine Wachstumsschmerzen gelegt hat. Abgesehen davon natürlich, dass Blis keine fünf Lenze zählen und ihr kreativer Kopf Aaron Gossett ein stämmiger und dunkelhäutiger Twen ist. Ein Umstand, der egal sein sollte und hier auch keine Rolle spielen würde, wenn Gossett ihn nicht selbst in Interviews thematisieren müsste: War die vor über zweieinhalb Jahren veröffentlichte EP „Starting Fires In My Parents House“ noch von der Angst vorm Erwachsenwerden geprägt, verhandelt ein Großteil der Texte auf „No One Loves You“ die Zeit nach dem Einsetzen der Verantwortung. Der vaterlos aufgewachsene Sänger wurde selbst Vater, die Mutter des Kindes, mit der er bis dahin zusammengelebt hatte, verließ ihn kurz danach Richtung streng christliches Elternhaus. Die Beziehung zu Gossett hatte sie lange geheim gehalten, der latente Rassismus im Südosten der USA macht ihn ohnehin schon seit seinen ersten Schritten in der lokalen Musikszene zur Zielscheibe strunzdummer Bemerkungen. Seine Stimme, eine Mischung aus Brian Aubert (Silversun Pickups) und Claudio Sanchez (Coheed And Cambria), passe nicht zu seinem Äußeren, ein Afro-Amerikaner habe in einer Rockband nichts verloren, und so weiter. Viel emotionaler Ballast ist das, er führt zu Zeilen wie „I bet if I was more stable/ He’d have more to say to me.“ Oder an anderer Stelle: „Can I just hold my little boy while he sleeps/ I don’t want to lose him to your God“. In diesem Kontext könnte der Albumtitel glatt bitter wirken. Bis man auf dem Cover rechts unten seine blasse Fortführung findet: „…like I do.“ Das ist gut.

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