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    Kamikaze Girls
    Seafoam

    VÖ: 09.06.2017 | Label: Big Scary Monsters
    Text:
    Kamikaze Girls - Seafoam

    Wenn Jeremy Bolm von Touché Amoré eine Schwester hätte, würde sie Lucinda Livingstone heißen und bei Kamikaze Girls (heute: Cultdreams) singen. Die Frontfrau möchte einen mit shoegazigem Posthardcore wissen lassen, dass es okay ist, manchmal traurig zu sein.

    „I feel like I?m having a hard time“, schreit sie in Berlin zwischen eine rohe, scheppernd treibende Shoegaze-Melodie, die Erinnerungen an die aktuelle Title Fight-Platte „Hyperview“ (2015) weckt. Livingstone scheint es nicht besonders gut zu gehen, und das ist völlig okay. Neben der Sängerin und Gitarristin besteht die Band aus Leeds aus Schlagzeuger Conor Dawson. Ihr Debüt heißt „Seafoam“ und handelt von persönlichen Erfahrungen mit Ängsten, Depressionen und Süchten. Meistens schreit Livingstone ihre Gefühle laut und schrill heraus, weil sie die Dämonen in ihrem Kopf loswerden möchte und lebensmüde Trauer sowieso nicht fürs Singen gemacht ist. Manchmal, in „Lights And Sounds“ und „Weaker Than“ etwa, wimmert sie vor sich hin, weil es nicht anders geht, wenn die eigenen Gefühle einen überwältigen. Am liebsten würde man die Frontfrau tröstend umarmen, wenn sie kluge kleine Sätze wie „We don?t need more guns, we need lovers“ singt und dann hinterher jault, dass sie wegen der politischen Ereignisse des vergangenen Jahres nicht für immer traurig sein möchte. Die Trauer beansprucht auf Seafoam einen großen Teil, im Song KG Goes To The Pub aber gewinnt Livingstones unbändige Wut gegen gewalttätige Menschen in Bars die Oberhand. „Grab my waist one more time and I?ll knock your fucking lights out“, schreit sie darin so zornig wie Petrol Girls-Frontfrau Ren Aldridge in deren Song „Touch Me Again“. Auch musikalisch stellen Kamikaze Girls die Weichen in eine ähnlich stürmische Richtung wie die feministische Posthardcore-Band. Das Duo klingt überwiegend wie ein Schulterschluss aus Touché Amoré, Title Fight und weniger gut gelaunten Muncie Girls. „All I ever needed was a place to feel save/ You gave me that and you took it back“, beschwert sich Livingstone in Unhealthy Love. Die Schuld auf andere zu schieben, ist im realen Leben keine Lösung. Im Rahmen von Kunst funktionieren die entrüsteten Texte im Zusammenspiel mit den düsteren Melodien aber sehr gut. Die Basis-Version von Seafoam enthält zehn Songs, auf der Deluxe-Edition ist noch der Bonus-Track Anxious versteckt. Warum das reduzierte, von schimmernden Gitarren getragene Lied keinen Platz auf der regulären Version des Albums gefunden hat, wissen wohl nur Kamikaze Girls selbst. „I just get so nervous sometimes“, gesteht die Sängerin in der Ballade. Wer kann das nicht von sich behaupten?

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