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    John K. Samson
    Winter Wheat

    VÖ: 21.10.2016 | Label: Anti
    Text: Jens Mayer
    John K. Samson - Winter Wheat

    Das zweite Soloalbum des ehemaligen Weakerthans-Kopfs John K. Samson findet Anschluss an sein Gesamtwerk und lässt seiner Stärke als sensibler Erzähler noch mehr Raum.

    Spätestens seit John K. Samson auf dem letzten Album der Weakerthans in zwei Stücken Gemälde des Malers Edward Hopper vertont hat, ist offensichtlich, was die Faszination und die Intensität seiner Texte ausmacht. In seinen poetischen Miniaturen schafft er es, durch präzise Beobachtung scheinbar beiläufiger Details nicht nur die Lebensgeschichten seiner Protagonisten zu offenbaren, sondern gleichzeitig auch die tiefe und universelle Sehnsucht seiner Zuhörer einzufangen. Ein leerer Raum, ein Fenster, durch das die Sonne fällt, eröffnet einen Blick in die Welt des Erzählers, der in wenigen Worten über das Ende einer Beziehung sinniert. Auch die 15 Stücke auf „Winter Wheat“ sind sehr bildstark: Samson beschreibt sie als Schnappschüsse aus dem Leben seiner Figuren behutsam und respektvoll und dennoch mit einer Präzision, deren emotionaler Wucht man sich nicht entziehen kann, je tiefer man in seine Welten eintaucht. Ihm reichen sechs Zeilen aus, um dreidimensionale Menschen zu modulieren, die wir schon immer zu kennen glauben, oder ganze historische Räume zu öffnen, in denen man sich verliert. Er schafft es, jede seiner Geschichten so berührend zu erzählen, als sei es seine eigene. Egal, ob es in „Fellow Traveller“ um den 72-jährigen Kunstkritiker Anthony Blunt geht, der 1979 als britisch-sowjetischer Doppelagent enttarnt wurde, in „Postdoc Blues“ um einen verzweifelten Postdoktoranden, der scheinbar die Kontrolle über sein Leben verloren hat, oder das Herrchen von Virtute – einer im Werk von Samson immer wieder auftauchenden Katze –, das im 17th Street Treatment Centre das Zwölf-Schritte-Programm durchmacht und dabei endlich einen Durchbruch erlebt. Zusammen mit seiner Frau, der Folk-Sängerin Christine Fellows, und befreundeten Musikern, darunter seine ehemaligen Bandkollegen Jason Tait am Schlagzeug und Bassist Greg Smith, instrumentiert er die Songs auf „Winter Wheat“ ähnlich zurückhaltend und doch immer charakteristisch illustrierend. Das ist vielleicht der größte Unterschied von Samsons Solowerken zu seiner Arbeit mit den Weakerthans, bei denen der kohärente Bandsound gleichberechtigt als Stilmittel dient, das alle Songs auf selbstverständliche Weise zu einem Gesamtwerk verbindet. Die Heterogenität dieses Albums verdeutlicht einmal mehr, dass Samson mehr ist, als nur ein weiterer Singer-Songwriter. Er ist ein Autor von musikalischen Short Stories, und zwar einer der besten unserer Zeit.

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