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    Agent Fresco
    Destrier

    VÖ: 07.08.2015 | Label: Long Branch/SPV
    Text:
    Agent Fresco - Destrier

    Der Trigger für das ewig aufgeschobene zweite Album der Isländer war Wut und Angst. Wenn diese Gefühle auf den vielleicht kreativsten Ansatz zeitgenössischer Rockmusik treffen, kann man sich das Resultat so lange nicht vorstellen, bis man Destrier gehört hat.

    Irgendwann 2012 wurde Agent Frescos Sänger Arnór Dan Arnarson Opfer eines Überfalls, der ihn mit gebrochener Augenhöhle, Gehirnerschütterung und einer Tonne Wut zurückließ. Er entschied sich, diese Emotionen ungefiltert in den Kompositionsprozess eines Albums zu schütten: „Rückwirkend betrachtet geriet durch diese Herangehensweise zum Ende alles außer Kontrolle“, was die Produktionszeit weiter herauszögerte, denn Arnason war psychisch am Ende dermaßen involviert, dass er Schlafstörungen entwickelte und seine Stimme verlor. Es mag zynisch klingen, aber der Platte hat es gut getan. Die mit Ideen vollgestopften Songs des Konzeptalbums entwickeln in ihrer Mischung aus Cleverness, Gefühl und Intensität einen unwiderstehlichen Sog. Die Spannung der abgründigen Texte wird durch Polyrhythmik und Verkürzungen ins Unermessliche gesteigert. Songs, deren Metrum kaum auszuzählen sind, klingen gleichzeitig wie Hits für die Indie Disco. „The Autumn Red“ ist so einer und braucht vom Steely-Dan-E-Piano zur Djent-Bridge nur ein paar Takte, um in irrer Postrock-Architektur Richtung Finale zu eilen. Auch ein nach einer Singleauskopplung schreiender Song wie „Dark Water“ verunsichert spätestens auf der Tanzfläche, denn hier ist fast kein Takt gerade. Nehmen wir also die tatsächliche Single See Hell, und tatsächlich: Agent Fresco können Stücke schreiben, die sich für Wochen ins Hirn bohren. Hier klingt die Band so selbstbewusst wie Biffy Clyro, Muse und jeder Prog-Metal-Protagonist der letzten 10 Jahre zusammen. Um aber auf den emotionalen Trigger des Albums zurückzukommen: Agent Fresco schaffen es tatsächlich, Verunsicherung und Panik eine monumentale akustische Entsprechung zu geben. Wer wissen will, wie The Mars Volta klingen, wenn mitten im Stück der Teufel in die Musiker fährt, der höre „Angst“. Noch so ein Moment, den man nie wieder vergisst. Man könnte versucht sein, die Band in die Ecke der „Musik für Musiker“ zu stellen, doch die ist viel zu klein für so viel Kreativität. Agent Fresco ziehen aus Genres wie Jazz, Prog, Art Rock, Metal, Math Rock, Elektronik und Dream Pop, was sie für ihre überwältigenden Stücke brauchen. Das ist nicht akademisch und nicht schwierig, sondern folgt einer dieser Band eigenen Logik. Dass am Ende ein hochkomplexes Stück Emotionsmusik herausgekommen ist, entlohnt für fünf Jahre Warten.

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