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    Tocotronic
    Tocotronic (Das Rote Album)

    VÖ: 01.05.2015 | Label: Vertigo Berlin/Universal Music
    Text: André Bosse/Florian Schneider
    Tocotronic - Tocotronic (Das Rote Album)

    Vier-Ohren-Test: Frauenchöre, Keyboards, Zuckerschlecken: Tocotronics Pop-Platte erscheint genau zur richtigen Zeit, sagt André Bosse. Tocotronic versuchen sich an ihrem „Old Nobody“, finden aber zwischen Pop und Theatralik nicht die richtigen Bilder, ist Florian Schneider der Meinung.

    Dirk von Lowtzow ist 44 Jahre alt geworden, jetzt schreibt er ein Lied übers Knutschen. Geht das in Ordnung, liebe Jugend? Oft sind es ja eher die Neider gleichen Alters, die sagen, man dürfe irgendwann nicht mehr übers Küssen singen. Aber von Lowtzow hat sich noch nie an die Vorgaben Dritter gehalten. Er setzt sich lieber selbst welche: Dieses Mal wollte er Liebeslieder schreiben, die Band hat dazu Popsongs arrangiert. Auf „Die Erwachsenen“ hört man den Einfluss von New Order, „Zucker“ klingt nach den Smiths, „Ich öffne mich“ nach späteren The Cure, „Spiralen“ wie die Eels. Tocotronic mögen keine Nostalgie, hier nutzen sie sie trotzdem. Ein bisschen schämen sie sich selbst dafür, aber das Gefühl der Scham gehört bei einem Konzeptalbum über die Liebe wohl mit dazu. Es gibt auch Textstellen, die ungelenk klingen. Von Lowtzow singt nicht anders, aber er singt andere Worte – und wenn es um Intimitäten geht, mag man es gerne elegant. Aber Stücke wie der Roadtrip „Chaos“ oder der Callboy-Schlager „Rebel Boy“ zeigen eine tolle neue Seite von Tocotronic. Und wem das alles zu viel Pärchenpop ist, hört „Solidarität“, eine Liebesinterpretation zur Lage der Nation: „Die ihr euch unverzagt mit der Verachtung plagt, gejagt an jedem Tag von euren Traumata/ Die ihr jede Hilfe braucht, unter Spießbürgern Spießruten lauft/ Von der Herde angestiert, mit ihren Fratzen konfrontiert (… ) Ihr habt meine Solidarität“.
    9/12 André Bosse

    Tocotronic sind beim Pop angekommen, und welches Thema wäre poppiger als die Liebe? Was in „Drüben auf dem Hügel“ den Charme des Unfertigen atmete, kommt in Songs wie „Ich öffne mich“ bleischwer aus dem Germanistik-Seminar. Oder hat von Lowtzow am Ende aus der „Diplomarbeit über Empfindlichkeit“ abgeschrieben, die er in „Prolog“ zitiert? Ohne Frage ist dieses Album musikalisch das Beste, das Tocotronic bislang veröffentlicht haben, getragen von einem fast tanzbaren Groove, nur kann ihr Frontmann nicht mithalten. Überall knirscht und kracht es im Gebälk, immer wieder wird Text auf Biegen und Brechen in den Takt gequetscht. Technische Fragen, die man bei Tocotronic locker entschuldigte, würde auf der inhaltlichen Ebene mehr geboten als große Ambitionen, die ins Lächerliche kippen; Selbstplagiate wie im Refrain von „Rebel Boy“ inbegriffen. Dazu trägt vor allem von Lowtzows Vortrag bei, dessen Theatralik – wie auf den beiden Alben zuvor – die Grenze, auf der „Kapitulation“ virtuos balancierte, in Richtung „Zuviel des Guten“ überschritten hat: Bilder wie „Ich hafte an Dir/ Wie ein Sticker an der Tür“ treffen einfach nicht den richtigen Ton. Dabei war es doch von Lowtzow, der festgestellt hat, dass man „Über Sex nur auf Englisch singen kann“. Stattdessen liefert er uns Peinliches wie „Die Erwachsenen“ oder „Zucker“. Bin ich am Ende doch viel zu lange mit euch mitgegangen?
    5/12 Florian Schneider

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