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    Male Bonding
    Endless Now

    VÖ: 02.09.2011 | Label: Sub Pop/Cargo
    Text: Daniel Gerhardt
    Platte des Monats
    Male Bonding - Endless Now

    Gitarre, Bass, Schlagzeug, und man kann sogar alles voneinander unterscheiden: Bevor Male Bonding weiter als Garagenband mit Equipment vom Schrottplatz unterschätzt werden, fangen sie lieber von vorne an.

    Endless Now ist das zweite Album von Male Bonding, und man könnte es Shoegaze-Rock nennen. Vor allem ist es aber ein völliger Betriebsunfall: Die Musik ist zu euphorisch für abgeknickte Köpfe, die Texte sind zu traurig für echte Euphorie. Und das Wichtigste: Der Sound ist gerade nicht mehr verwaschen genug, um die Platte neben die wenigen lichtunempfindlichen Momente von The Jesus & Mary Chain zu stellen, obwohl sie deren Geist mit jedem Schlagzeugwirbel ausatmet, viel mehr als den selbstverantwortungslosen Punk vom Male-Bonding-Debüt Nothing Hurts. Wer alles sauber zusammengelegt in vorbeschrifteten Schubladen braucht, wird hiermit also spätestens dann verzweifeln, wenn die Handclaps kommen und Male Bonding zur ersten Band werden, die 1981 trotz ihrer zerrissenen Jeans vom schottischen Twee-Pop-Label Postcard unter Vertrag genommen worden wäre.

    Wer es aber gut findet, wenn Songs Anfänge und Enden haben und man dazwischen alles mitsingen kann, wird sich schnell einstellen auf Endless Now, seinen Akustikgitarren-Quereinsteiger The Saddle und das spektakuläre Bones, das solange dauert und so unerschöpflich vorwärts walzt wie sonst drei Male-Bonding-Lieder zusammen. Die normale Reaktion auf so eine Platte wäre zu behaupten, Male Bonding seien schnell erwachsen geworden, aber das Gegenteil ist der Fall: Endless Now geht sehr offensiv um mit seiner Sehnsüchtigkeit und Naivität und ist dabei viel kindlicher als das ernsthafte, verbissen um Männlichkeit bemühte Nothing Hurts. Natürlich crunchen auch hier die Gitarren, und natürlich wird nicht nachgestimmt zwischen zwei Liedern. Die erste Gitarre auf Endless Now ist aber unverzerrt, und das erste Lied, das Sänger John Arthur Webb singt, handelt davon, die erste große Liebe verloren zu haben und deshalb solange in die Sonne zu gucken, bis es wehtut. Erwachsene Bands würden das anders machen, deshalb sind sie ja meistens so langweilig.

    Webb hingegen deutet an und umreißt; der Riesensprung, den er von Nothing Hurts zu Endless Now gemacht hat, zeigt sich in der Beständigkeit seiner Platte vom ersten bis zum elften Song und mehr noch in seinem Gespür dafür, gerade genug zu verraten, um eigentlich überhaupt nichts verraten zu haben. Wie alle guten Texter bleibt er damit nachvollziehbar und gleichzeitig unberechenbar, obwohl er nicht viel mehr tut, als Geschichten zu erzählen, die jeden Tag in jedem gemischt-geschlechtlichen Studentenwohnheim passieren. Voraussetzung dafür, dass man seine neuen Texte plötzlich poetisch nennen kann, ohne eine Miene zu verziehen, ist natürlich, dass man ihn überhaupt zum ersten Mal als echten Sänger erkennt: Webbs Stimme hängt noch immer tief drin im Mix, aber es reicht, um ihn als Träumer und treue Seele zu enttarnen, der irgendwie immer wieder an die Falschen und Untreuen gerät, und sich fröhlich in die Scheiße reiten lässt, solange er es später nur schön aufschreiben kann. Immerhin das war auf Nothing Hurts schon genauso, als Webb noch ein ulkiger Typ mit City-And-Colour-Brille war, die nach jedem Konzert neu zusammengeklebt werden musste.

    weitere Platten

    Headache

    VÖ: 13.10.2016

    Nothing Hurts

    VÖ: 14.05.2010