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    Escapado
    Montgomery Mundtot

    VÖ: 22.10.2010 | Label: Grand Hotel van Cleef
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 212
    Schönheit
    Escapado - Montgomery Mundtot

    Von der Szene vermutlich abgeschrieben, trauen sich Escapado endlich, einen Weg zu gehen, den „Magnolien“ vor fünf Jahren schon vorschlug. Der neue Sänger Felix kommt da gerade recht. Er kann nämlich was.

    „Der Wille – gespielt/ Die Wahrheit – konstruiert/ Du willst mich scheitern sehen“ – das kann sich natürlich um jeden und alles Mögliche drehen, aber verdammt noch mal: Man denkt doch sowieso an Felix Schönfuss, der jetzt bei Escapado singt, nachdem Helge Jensen abrupt ausstieg und mit Grand Griffon wieder schnellen Oldschool-HC-Punk macht. Das spricht doch Bände – von Fußstapfen, Erwartungshaltungen und vielleicht auch einer wenig duldsamen Szene. Hardcore verzeiht kaum etwas. Erst recht nicht, dass ein Sänger geht. Das soll all jene natürlich kein Stück stören, die die interessante, verspielte und eingängige Seite der Band seit dem Debütalbum „Hinter den Spiegeln“ mochten. 2010 sind Escapado im Grunde die stimmige Verbindung von Post-Hardcore, frühem Emocore und Refrains der Marke Madsen. Interessanter als auf „Initiale“ sind sie sowieso. Dafür sorgt schon Gitarrist und Band-Kopf Sebastian Henkelmann mit seinen vielen geschichteten Gitarren. Die dürfen sich nun in dem Maße ausbreiten, das sie verdient haben. Hallen langsam ins Bild, klingen übereinander, stellen ständig neue Aspekte eines Songs heraus, riffen gebührend simpel oder auch mal verquer durchs Gemüse. Dagegen klingt „Initiale“, als hätte man Henkelmann – oder er sich selbst – Handschellen angelegt. Es gibt hier noisige Poison The Well-Gitarren, Zusammenspiele mit dem Bass, die auf Envy abzielen, Delays und tolle Melodie-Loops. Warum poppige Momente unterdrücken? Warum das Bestreben, Strukturen aufzubrechen, verurteilen? Dieses ewige „Darf man das?“ – Escapado sind offensichtlich drüber weg. Das geht sogar bis zum Rocksong, der mit Hardcore kaum noch etwas zu tun hat: Ferngesteuert. Da geht es um die Momente, „die es wert sind“. Henkelmann und seine Band leben sie ab sofort, und wenn Du was willst, kannst Du ruhig kommen. Wer da allein aus Glaubwürdigkeitsgründen raus ist, verpasst eine Band, die spannender ist als die meisten Rock bands der Republik, die seit diesem Album auf der Reise ist – Starthilfe leistete Band-Anstubser Kurt Ebelhäuser –, die mehr will als Dogmen bedienen: „Lass sie doch alle verrecken/ Lass sie doch alle da liegen“. Zweifler könnten Escapado nicht noch mehr egal sein. Eine Überzeugung, die einem da entgegen schreit, und eine Kraft, dass man sich dem widerlichen Wunsch ausgesetzt sieht, viel mehr Bands sollten sich mal auf Messers Schneide befinden, um derart geläutert zurückzukommen.

    weitere Platten

    Initiale

    VÖ: 28.09.2007

    Hinter den Spiegeln

    VÖ: 14.01.2005