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    Wolf Parade
    Expo 86

    VÖ: 02.07.2010 | Label: Sub Pop/Cargo
    Text:

    Die Entscheidung ist gefallen, Wolf Parade sind in die erste Indie-Liga aufgestiegen. Und zwar dank der Kreativität zweier talentierter Frontmänner und einem Live-Album, das ausnahmsweise im Studio eingespielt wurde.

    Es hatte sich abgezeichnet. Sowohl Spencer Krug als auch Dan Boeckner bestanden 2009 auf ihre Solokarrieren und lieferten nebeneinander Alben ab, die Herzblut vergossen und verschwenderisch mit ihren Ideen umgingen. Die Rückkehr in den Schoß der Hauptband ist dabei die ganze Zeit über beschlossene Sache gewesen und wird nun endlich Wirklichkeit. In der Zwischenzeit hat sich das Image der beiden Protagonisten allerdings auf 70er-Jahre-Volumen aufgeplustert und ist nun der Stoff von Fan-Projektionen. Und die Rollenverteilung sieht folgendermaßen aus: Boeckner ist der coole Punk mit der Totenkopfuniform, der Schriftstellerfrau und dem Sexy/Ugly-Look. Krug ist das einsiedlerische Schlafzimmergenie mit der unergründlichen Vision und der unheimlichen Stimme, mit der man unheimliche Sachen sagen kann. „I don’t think I should say sorry for things I do in my dreams“, zum Beispiel, ein Leitsatz aus dem Übersong What Did My Lover Say? (It Always Had To Go This Way).
    Wolf-Parade-Texte sind inzwischen so opak geworden, dass man sich nur noch schwer vorstellen kann, dass sie überhaupt etwas bedeuten, aber die entsprechenden Leerstellen werden auf Expo 86 sofort gefüllt von einer Musik, die unaufhaltsam vor sich hin pflügt wie ein unbeaufsichtigter Traktor. Elf Songs, live eingespielt im Studio, getrieben von einer PS-starken Rhythmusturbine – Tanzmusik für Taubstumme sozusagen. Es ist ein Album geworden, das zu ausladender Länge neigt (sieben von elf Songs knacken die Fünf-Minuten-Marke), dabei aber so monolithisch und hermetisch klingt, als wäre die Band während der Aufnahmen verschüttet worden. Das Grundgerüst der Songs ist praktisch immer dasselbe: ein Takt, zu dem sich Metallplatten stanzen ließen, Gegenmelodien für fünf Gitarren und obskurantische Prediger-Vocals, die sich im Endlos-Hall verlieren. Sämtliche Soli strotzen nur so vor Mucker-Bravado, aber der masturbatorische Gähn-Effekt bleibt mal eben so komplett aus. Vielleicht, weil etliche Stücke einem käsigen Keyboard Narrenfreiheit einräumen? Weil ein Stück wie Yulia noch Zärtlichkeit inmitten eines 55-minütigen Hochdruckgebiets findet? Oder weil Boeckner und Krug beide klingen wie Gespenster, die sich im eigenen Gemäuer verlaufen haben?
    Wolf Parade behaupten, bei der Produktion des Albums den Spaß ihres Lebens gehabt zu haben, in Rekordzeit zum Ende gekommen zu sein und praktisch keine Overdubs verwendet zu haben. Tatsächlich erinnert vieles an Expo 86 an jene Laissez-Faire-Produktionstugenden, die bei anderen Bands schon vor langer Zeit ausrangiert worden sind, was dem Album wiederum ein merkwürdig zeitloses Flair verleiht. Boeckner hat sogar neulich angemerkt, dass ihm das Wolf-Parade-Debüt inzwischen unendlich weit weg vorkommt, und die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich hoch, dass das dem Hörer nach Expo 86 ebenso gehen wird. Die neueste Inkarnation von Wolf Parade ist schließlich nicht nur selbstbewusster und reifer, sondern auch schlichtweg lauter.

    weitere Platten

    Thin Mind

    VÖ: 24.01.2020

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    VÖ: 06.10.2017

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    VÖ: 17.05.2016

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