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    Tocotronic
    Schall und Wahn

    VÖ: 22.01.2010 | Label: Vertigo/Universal
    Text:
    Tocotronic - Schall und Wahn

    Vielleicht hat keine deutsche Band je einen erstaunlicheren Wandel durchlaufen. Ausgerechnet Tocotronic, lange Jahre mehr Gegner als Verfechter von HiFi, haben zu einer Soundästhetik und Detailliebe gefunden, die hierzulande konkurrenzlos ist.

    Tocotronic und Moses Schneider, wie man wohl sagen muss: Mag sein, dass das namenlose weiße Album von 2002 die Dinge ins Rollen brachte. Doch die wahre Metamorphose der Gruppe Tocotronic setzte erst drei Jahre später ein, als Schneider sie für „Pure Vernunft darf niemals siegen“ in sein Transporterraum-Studio nach Berlin holte, um ihnen die Hamburger Schule in jeder Hinsicht auszutreiben. Seither schwärmen die vier in Interviews von den schrulligen Tricks des Produzenten, seither zählen Begriffe wie Vertigo-Effekt und mikrofonieren zum ohnehin reichhaltigen Wortschatz der Band. Mehr noch als „Kapitulation“ von 2007 hört man „Schall und Wahn“ die Verbissenheit an, mit der Schneider und Tocotronic die Musik aufgenommen haben; das Ringen um jeden richtigen Ton und seine bestmögliche Abnahme, ohne dem Sound das Spontane und Lebendige zu nehmen. Gäbe es ein Mäuseloch im Transporterraum, hätten sie auch darin noch ein Mikrofon postiert, um Rick McPhails Gitarrenfeedbacks einzufangen. Nicht ein Laut, nicht eine Welle Schall, so scheint es im Nachhinein, habe ohne die ausdrückliche Erlaubnis von Band und Produzent das Studio verlassen dürfen. Hi Kontrollfreaks! Und apropos McPhail: Er ist der andere große Faktor, der Tocotronic zu einer anderen Band gemacht hat. Mit ihm kam mehr als eine zweite Gitarre, mit ihm kamen Wendigkeit und Virtuosität. „Schall und Wahn“ ist immer auch dort am größten, wo es am breitesten ist; wo sich Stücke wie „Gift“, „Eure Liebe tötet mich“ oder der Titelsong nach dem Vorspiel himmelweit öffnen und dich in sich hineinziehen. Die Parallelen zu McPhails Quasi-Soloalbum als Glacier legen nahe: Das hier geht vor allem auf sein Konto. Und es ergibt eine originelle, ja beispiellose musikalische Sprache in Verbindung mit Dirk von Lowtzows Texten: poetisch, hysterisch, weise, wahnwitzig und oft undurchschaubar. In der mit heulenden Feedbacks und bittersüßen Streichern unterlegten Akustiknummer „Im Zweifel für den Zweifel“ gelingt Tocotronic dieses Zusammenspiel besonders genial: „Im Zweifel für den Zweifel, das Zaudern und den Zorn/ Im Zweifel fürs Zerreißen der eigenen Uniform.“ Wem hingegen Vokabeln wie „Verzärtelung“ und „Zweifelshefe“ den Rest geben, dem wird selbst ein auf Krawall gebürsteter Punkrocker wie „Stürmt das Schloss“ nicht mehr helfen. Alle anderen werden Tocotronics drittem Meisterwerk in Folge erliegen.

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