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    Mission Control

    VÖ: 25.07.2008 | Label: ATO/Soulfood
    Text: | Erschienen in: VISIONS Nr. 167
    9 / 12

    Das mit der „best unsigned band in America“ hatte sich in dem Moment erledigt, als die ersten A&Rs diesen Satz im Rolling Stone lasen.

    Schön für das Trio aus Athens/Georgia; schön auch für uns, die den nach wie vor intakten Reflexen der Musikindustrie verdanken, dass die Whigs als Band inzwischen in Lohn und Brot stehen und es mit dem zweiten Album „Mission Control“ erstmals auch hinüber nach Europa geschafft haben. Am Ende muss den Verantwortlichen wohl aufgegangen sein, dass der patentierte Whigs-Punkrock gerade auch diesseits des Atlantiks mit offenen Ohren und Armen empfangen wird. Denn nimmt man es genau, hat seit geraumer Zeit keine Band gewiefter Grunge, Wave und klassischen Indierock mit schnoddrigem Punk verpanscht, am ehesten noch The Ponys vergangenes Jahr auf „Turn The Lights Out“ oder letzthin die Subways auf „All Or Nothing“. „Licht aus und alles geben“ könnte derweil auch als Credo der Whigs herhalten, wenn man hört, wie die drei sich durch „Mission Control“ tollen. Und da geht sie eben doch auf, die olle Binsenweisheit, die man um ein Haar im Physikunterricht verpennt hätte: Energie kann nicht verbraucht werden, sie wechselt nur die Form. Zehn Mal auf dieser Platte, weil elf Songs drauf sind. Bei allen guten Ideen und Eigentümlichkeiten (die notorisch klirrenden Becken, die scharf angeschnittenen Gitarren, der permanente Belag auf Bandhaupt Parker Gisperts Stimme…) handelt es sich bei den Whigs um eine dieser Bands, der man ihre gute Kinderstube stärker anhört als anderen. Da können Gispert, Julian Dorio und Tim Deaux noch so oft beteuern, sie hätten im Grunde ihre komplette Kindheit mit nichts anderem als Pavement- und Guided-By-Voices-Platten zugebracht – ein bisschen was anderes muss da schon noch vorgefallen sein: Social Distortion etwa („Like A Vibration“) und Eels („Sleep Sunshine“), Thelonious Monster („1000 Wives“) und immer wieder My Morning Jacket. Zu deren Mini-Epos „Lay Low“ beispielsweise weist der Whigs-Song „Right Hand On My Heart“ – in vergleichsweise kompakten vier Minuten – erstaunliche Parallelen auf, vom polternden Drumbeat zu Anfang über die breiigen Gitarren bis zur verräterischen Akzentuierung in Gisperts Gesang (ist das jetzt dreist – oder seit der neuen My Morning Jacket höchst willkommen?). Es soll sogar Menschen geben, die in den Whigs so was wie die Punkversion der jungen, düsteren R.E.M. erkennen. Die haben damals auch in Athens/Georgia angefangen. Ein bisschen Mythos hat noch keiner Band geschadet.