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    Portishead
    Third

    VÖ: 25.04.2008 | Label: Island/Universal
    Text:
    Portishead - Third

    Nach über zehn Jahren des Wartens erstickt die dritte Portishead-Platte alle Erwartungen im Keim, um dann in aller Ruhe zur mindestens zweitbesten der Band zu wachsen.

    Nach über zehn Jahren des Wartens erstickt die dritte Portishead-Platte alle Erwartungen im Keim, um dann in aller Ruhe zur mindestens zweitbesten der Band zu wachsen.
    Man fragt sich anfangs, ob das nicht die falsche CD ist, die da gerade in Form von „Silence“ spröde und kalt aus den Boxen kriecht. Ein dünner, holpriger Schlagzeugrhythmus treibt minutenlang vor sich hin und wird nur leicht von schmalen Streichern, teils unsauber gespielten Gitarrenakkorden und einem beunruhigenden Basslauf gelenkt, bevor uns – nach all den Jahren – Beth Gibbons fast teilnahmslos begrüßt. Erst nach fünf Minuten erwächst aus diesen Elementen ein annähernd so orchestraler Sound wie früher, der aber genau im Moment seiner Komplettierung endet wie ein zerschnittenes Band. Das folgende „Hunter“ ist zwar ruhiger, wird aber zerschossen von störenden Müllsounds aus einer Flipperbude, viel zu lauten Gitarren-Tieftönen und einem seelenlosen Fade-out wie bei einem Tonbeispiel. Ein Demo-Tape?
    Es ist erstaunlich, wie selbst die dicksten Portishead-Fans schon zu diesem Zeitpunkt zu zweifeln beginnen an ihrer jahrelangen Vorfreude angesichts der Kälte, die ihnen nun entgegenschwappt. Doch während all das passiert, beginnt aus einer völlig anderen Ecke dieser Platte langsam aber sicher etwas ganz anderes zu wachsen. Der leise Akustiksong „The Rip“, der von Beth Gibbons‘ Soloplatte stammen könnte, verwandelt sich wie von Geisterhand in etwas, das in eine Kerbe mit Krautrockbands wie Neu! oder Amon Düül schlägt, aber eine emotionale Tiefe hat, die diese Bands nicht besaßen. Das ruhig beginnende Epos „Small“ mutiert später sogar zu einem mächtigen Psychedelic-Orgelstück im Stile von Pink Floyds „The Piper At The Gates Of Dawn“, in dessen Verwandtschaft auch das dramatisch treibende „We Carry On“ steht.
    Und plötzlich hat „Third“ viel mehr mit dem Portishead-Debüt „Dummy“ gemeinsam als das zweite – rückblickend regelrecht überhastete – Album der Band. Das hier klingt zwar selten fett, nie perfekt, kaum strukturiert, aber es ist genau so anders, genau so stur, genau so kompromisslos, genau so eiskalt, verstörend und traurig, wie es Portishead waren, als sie 1994 auftauchten. Die Konstante in ihrer Musik ist kein Sound. Die Konstante ist eine Haltung, die beim wieder einmal trostlosen Artwork beginnt und bei der völligen Hingabe an diese von Schmerz getriebenen Songs endet. In „Deep Water“ hat das eine kleine Folknummer zur Folge, im folgenden „Machine Gun“ eine völlig kaputte, unangenehm druckvolle Portishead-Nummer, bei der Gibbons wiederum so leise singt, als höre sie den Rest nicht. Immer wieder kreisen ihre Texte um schwarze Löcher, bis sie im klassischen Portishead-Track „Threads“ am Ende dieser Platte feierlich verkündet: „I’m always so unsure.“ Noch eine Konstante. Wenig später beendet ein lautes, tiefes, immer wiederkehrendes Geräusch „Third“. Beunruhigend und erbarmungslos stört es, aber mit jedem Ton hofft man, dass es nicht der letzte ist.

    weitere Platten

    Portishead

    VÖ: 16.09.1997

    Dummy

    VÖ: 30.08.1994