Narziss
Solang das Herz noch schlägt

Hardcore mit deutschsprachigen Texten ist eine Seltenheit und erfrischende Abwechslung im Sumpf englischer Phrasendrescherei. Das haben Newcomer wie Callejon oder Escapado mit ihren letzten Alben bewiesen. Narziss sind keine Newcomer, sondern alte Hasen. Drei Platten sind auf dem eigenen Label Circulation erschienen. Die Mischung aus aggressiver Musik, intelligenter Lyrik und kunstvoller Verpackung hat ihnen eine Ausnahmestellung im Genre eingebracht. Dabei ging und geht es Narziss stets um die DIY-Attitüde und ein bestimmtes Lebensethos. Nun wurde der Schritt zum größeren Label gewagt. Eine gute Entscheidung, denn es wäre schade, wenn das Album einem erweiterten Hörerkreis vorenthalten bliebe. Der Opener „Und du verblasst“ vereint druckvoll-emotionalen, abwechslungsreichen Metalcore mit dem klaren Gesang im Refrain. Den poppigeren Appeal werden Fans der ersten Alben ebenso kritisieren wie den Hang zum Pathos, der an manchen Stellen durchsickert: Einen Satz wie „Meine kleine Seele weint in Stille“ zu singen, erfordert Mut und Überzeugung. Ebenso die Verwendung von zwei Piano-Stücken. Zu erkennen ist der Wille zur Weiterentwicklung und einem Ausweiten der Grenzen in einem beschränkten musikalischen Feld. Dafür sollten sie belohnt werden.