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    Cursive
    Happy Hollow

    VÖ: 11.08.2006 | Label: Saddle Creek/Indigo
    Text: Daniel Gerhardt
    Cursive - Happy Hollow

    Keine ruhige Minute: Mit einer Horde Teufelsanbläsern im Beiboot haben Tim Kasher und sein Orchester der geschundenen Geister das weiße Album für schwarzen Seelen aufgenommen.

    Als wir das letzte Mal nachgezählt haben, waren es ungefähr zweieinhalbtausend. Zweieinhalbtausend verwilderte Ideen, die Cursive auf ihrer neuen Platte auseinanderschrauben, demolieren, durch die Schrottpresse drehen oder auch einfach mal passieren lassen. Und trotzdem, man fängt am besten mit der einen Sache an, die Omahas liebste Sorgenkinder diesmal weggelassen haben. Das feuerfeste Cello von Gretta Cohn wird in Zukunft andere Musik verarzten; nachdem es auf dem letzten Cursive-Album „The Ugly Organ“ noch als glorreicher Staubsauger vor einer fahrigen Abwehr aufgeräumt hatte, gelangte man gemeinsam zu der Erkenntnis, dass es mit Streichinstrumenten nichts mehr zu sagen gebe. Stattdessen blätterten Cursive ein paar Seiten weiter im großen Buch der Musikgeschichte, trafen auf Trompete, Posaune und ihre Verwandten und bestellten sich beim Bläserservice eine ganze Kiste neues Spielzeug. Ein allzu offensichtlicher Schritt, möchte man als überzeugter Schlaumeier glauben. Aber dann geht „Happy Hollow“ los, tobt sich erstmal sehr genüsslich aus, und fünf Minuten später glaubt man überhaupt nichts mehr. Cursives Bläser pfeifen in kollektiver Uneinigkeit aus dem letzten Loch, sie sind genauso Freejazz wie Punk, und sie haben diese Platte schneller im Sack als ihr dreiteiliger, zweieinhalbminütiger Opener „Operating The Hymnal / Babies“ die Richtung ändern kann. „Happy Hollow“ ist eben ein Hektiker, seine wenigen getragenen Passagen dienen Cursive höchstens zum Nachladen, und trotzdem käme diese Platte niemals auf die Idee, sich in eine Zwangsjacke stecken zu lassen. Lieber schlägt sie mit „Dorothy At Forty“ und seinen nervösen Krabbeltiergitarren dem alten Fass Rock’n’Roll den Boden aus. Schaut im zähfließenden, ätzenden, großartigen „Big Bang“ seinen mutierten Vegas-Trompeten bei missglückenden Kunststückchen zu und klemmt sich ihren eigenen Kopf unter den Arm, wenn „So-So Gigolo“ als abgebrochener Zombie-Funk eine heiße Sohle auf dem Tanzflur liegen lässt. Frontmann Kasher gibt dazu den quirligen, theatralischen Entertainer der schwarzen Seelen. Seine zynischen Alltagsbeobachtungen über religiöse Scheinheiligkeit im Land des großen Glaubens wollen so gar nichts Versöhnliches an sich haben. „What happens in confession/ Stays in the confession“, geht der einzige echte Poprefrain der Platte. Aber selbst solche Leichtigkeiten wiegen bei Cursive mindestens eine Tonne.

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