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    The Dresden Dolls
    Yes, Virginia...

    VÖ: 21.04.2006 | Label: Roadrunner/Universal
    Text: Daniel Gerhardt / Jörg Staude
    The Dresden Dolls - Yes, Virginia...

    Vier-Ohren-Test

    Gute Nachrichten für alle anstaltsflüchtigen Leser: Kam man sich mit dem Debüt der Dresden Dolls schon vor, als wäre man auf eine KPD-Feier zu Zeiten der Weimarer Republik gebeamt worden, sitzen die Schrauben diesmal noch ein paar großzügige Umdrehungen lockerer. „Yes, Virginia…“ kann man so erklären: Jemand hat The Fiery Furnaces und Shakespeares Sister in einen Sack gesteckt und dann Bertolt Brecht mit dem Knüppel darauf losgelassen. Oder: Bob Geldof hat mit seinen Boomtown Rats die letzte Platte der White Stripes neu eingespielt. Man könnte aber auch etwas ganz Unerhörtes versuchen und die Dresden Dolls einfach als furchtloses Duo begreifen, das mit Schlagzeug, Klavier und Knick in der Logik seine eigenen Vorstellungen von Rockmusik in die Tat umsetzt. Denn allein auf weiter Flur agieren sie hier mindestens, wenn sich „Modern Moonlight“ zu Klavierkreiseln schwindelig spielt oder die abgrundtief zynische „Mrs. O“ im Walzertakt Blasen unter die Füße tanzt. Da hilft auch nicht mehr, dass sich ein ruhigerer Song in dieses überschwängliche, theatralische Punk-Cabaret einschleicht, die Dolls mit „Delilah“ eine große Ballade vollbringen und fürs Finale mit dem auftauenden „Sing“ eine Gitarre hervorkramen. Wer Holocaust, Alkoholismus, ungewollte Schwangerschaften und andere Tragödien des Lebens mit so viel Schmiss, Charme und Melone besingt, der ist mit seinem Paradiesvogel-Image noch ziemlich gut bedient.
    8/12 Daniel Gerhardt

    Anstaltsflüchtig? Der Ball liegt unbewacht auf der Linie, aber ich werde ihn nicht theatralisch mit der Hacke verwandeln. Zu einfach. Zu simpel. Zu offensichtlich. Musik wie die des Duos aus Boston nur aufgrund ihrer Einzigartigkeit in den Kritikerhimmel zu loben – wie nebenan geschehen –, bloß weil sie anders ist als der gemeine Rock’n’Roll, dazu gehört nicht viel. Bertolt Brecht und die Blütezeit des politischen Theaters zwischen den Weltkriegen als Alibi für die hier inszenierten, unfertig wirkenden und stellenweise konzeptlos vorgetragenen Songs dieses zweiten Dresden-Dolls-Albums zu missbrauchen, allerdings rechtfertigt, ja provoziert einen Verriss. Danke für die Vorlage: Der Augsburger Dramatiker schrieb einst, dass die Entfremdung Voraussetzung für das Verständnis sei. Ergo, je mehr ich mich vom Objekt meiner Begierde entferne, desto näher komme ich ihm. Die Dresden Dolls verursachen mehr als Kopfschütteln, mit ihrem Piano-Bombast-Avantgarde fast schon eine den kompletten Körper überziehende Gänsehaut des Unwohlseins, also müssen sie zwangsläufig herausragend gut sein? Wenn vor dem geistigen Auge ständig eine Meret Becker im 20er-Jahre-Kostümchen auf spitzen Schuhen im Kreis trippelt, dann mag das in Berlin-Mitte oder anderen selbsternannten kulturellen Hochburgen elitäre Zuckungen auslösen, das Land der Proleten-Gitarre meldet keine Erregung. Sorry.
    5/12 Jörg Staude

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