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    JR Ewing
    Maelstrom

    VÖ: 02.12.2005 | Label: Motor
    Text:
    Platte des Monats
    JR Ewing - Maelstrom

    Von den Hardcore-Szenelieblingen zum next big thing? Ganz so weit muss man nicht ausholen. Es genügt ja schon, dass die Band endlich ernst macht. Kurze Haudrauf-Knüppler waren gestern, heute herrscht episches Emotionsgerocke.

    Der „Maelstrom“, auch Malstrom ist eine Meeresströmung, genauer: die Meeresströmung zwischen den norwegischen Inseln Moskenesö und Värö. Hilft uns diese Information weiter? Nur unwesentlich, aber die geografische Richtung stimmt: JR Ewing kommen aus Oslo. Nun hat der Malstrom auch symbolischen Charakter, steht für Reibung, Mürbemachen, physische und psychische Vereinnahmung und hilft den Autoren Wolfgang Hauk und Michael Wilk politischen Strömungen einen Namen zu geben: „Der Malstrom – Aspekte anarchistischer Staatskritik“. All das bringt uns etwas näher an das Geschehen heran. Vereinnahmt wird man von diesem Album auf jeden Fall, und anarchistisch ist es in seiner unberechenbaren und schlicht nicht zu verortenden Art auch. JR Ewing haben in den vergangenen drei Jahren mächtig dazugelernt, haben die harte Schule des Marathon-Tourens durchlaufen und sich durch persönliche Schicksalsschläge gekämpft. Aus der Zermürbung zurückgekehrt – nach durchschwommenem Malstrom, wenn man so will – ist eine Band, die es so vorher nicht gab. JR Ewing haben sich um ein Haar völlig neu erfunden, ihr Universum neu zusammengeleimt. Was vorher rotzig-rockige, ein bis zwei Minuten kleine Hardcore-Punk-Bröckchen waren, sind nun epische, schmerzvolle Fetzer. Früher, auf zahlreichen Singles und den übrigen Alben, klang die Band nach Refused im Sex Pistols-Shirt, mit gerecktem Mittelfinger. Heute klingt sie, als wolle sie allen Zweiflern (davon gab es freilich nie viele) zeigen, was schon immer in ihr steckte. Natürlich ist das Grundgerüst immer noch rockiger Postcore, doch zügeln sich die fünf endlich, dämmen das Chaos ein, gefallen sich in der eigenen Freude am Detail. Handclaps, Tambourin, kurze Soundsamples setzen i-Tüpfelchen, wo vorher keine waren. Einst nur ein Geheimtipp in Szenekreisen, gehandelt als großartige Liveband, können JR Ewing plötzlich mit den Großen mithalten. Mit den Großen, das meint: mit At The Drive-In, Trail Of Dead, mit den Blood Brothers, auch mit den nicht zu unterschätzenden Recover. Die Vergleiche sind legitim, solche Geschütze dürfen wir auffahren, denn „Maelstrom“ ist über weite Strecken atemberaubend, haarsträubend rasant, voll in Sound und Darbietung. Das Tier von Trommler treibt die Songs unwahrscheinlich voran. Die Gitarren, hoch wie Wände, sind akzentuiert oder schwelgen plötzlich in Motorpsycho-ähnlicher Psychedelik. Der Opener „Change Is Nothing (Everything Is)“ ist eine Hymne und so mitreißend wie Trail Of Dead in ihren stärksten Momenten. Und noch was: Andreas Tylden beweist, dass er wirklich singen kann. Singen und keifen im Wechsel. Eine Platte wie ein Malstrom – fließend, unentrinnbar und voll unbändiger Kraft. Lange Lebenszeit inklusive.

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    Ride Paranoia

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