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Madsen – Kein Weg zu weit – USA-Tour (Teil 3)

Madsen – Kein Weg zu weit – USA-Tour (Teil 3)
Im Auftrag des Goethe-Instituts tourten Madsen sechs Wochen durch die USA, um etliche Kilometer zu fahren und einige Konzerte für Deutsch lernende, begeisterte Schüler zu spielen. Manager Gregor Stöckl berichtet heute aus San Francisco.

09.11. – San Francisco, CA

Mein Junge. Du wachst auf, weil es so rumpelt, und weil es so kalt ist. Stehst auf, öffnest die Türe zum „Wohnbereich“ des Busses, und Dich umfängt die aufgehende kalifornische Morgensonne. Und gleich wird es warm, hier wie dort. Über die Bay Bridge, den „eifersüchtigen Bruder“ der Golden Gate, geht es in die Stadt, einer, wie es Chester formuliert, „definitiv nicht Tourbus-freundlichen Stadt“. Enge Strassen, Baustellen, ein Auf und Ab, und zu allem Überfluss ist unser Hotel auch noch in der Mitte von Downtown, gleich um die Ecke des Union Squares, eines der zentralen Plätze von San Francisco. So amazing. Schnell raus, einchecken, ablegen, wieder runter, Huuuunger! Ein paar Schritte weiter stolpern wir gleich mal beinahe über eins der weltberühmten Cable Cars, aber bekommen auch unmittelbar einen Eindruck von der überaus großen Anzahl an Obdachlosen in dieser Stadt. Im „Sears Fine Food“, das seit 1938 bestes amerikanisches Frühstück serviert, akklimatisieren wir uns erst mal, bei wunderbaren Pancakes, diversen Eierversionen, Würstchen, knusprigem Bacon und Buttertoasts. Kaum Cholesterin, aber viel Ephedrin und extrem füllend. Und kräftespendend für den Tag, der für den einen Teil aus Extrem-Sightseeing im Doppeldeckerbus, für den anderen Teil (Wolle und meine Wenigkeit) aus der Vorbesichtigung des morgigen Auftrittsortes am City College San Francisco besteht. Mit unserem Helldriver Ulla vom Goethe-Institut geht es über Stock und Stein direkt auf den Campus. Die Bühne steht schon, auf einem Platz zwischen Wellness Center und City Café, mit amphitheaterähnlichen Rängen, die für die Gladiatoren einiges erwarten lassen. Die Wege sind weit, und wir müssen mit Tom Blair, dem Chef der Sprachenabteilung des Colleges und quasi Veranstalter, einem kleinen, leicht buckligen, zerstreuten Professor mit einer Stimme wie Papst Benedikt Ratzinger, einige Aufklärungsarbeit leisten, was die Mindestanforderungen eines Madsen-Konzerts beinhalten.

Madsen USA

Letztendlich bekommen wir einen Raum in den Katakomben des Wellness-Centers, neben den Fitnessräumen, weit weg von der Bühne, Tür an Tür mit menschlichen Schränken, die ein gewisses Schubladendenken in Sachen „Rockband“ nicht verleugnen können. „Man wird sehen müssen“, sagte schon Berti Vogts, und mit dieser zeitlosen Weisheit im Hinterköpfchen machen wir uns auf den Weg zu einer spontanen, sehr malerischen Rundfahrt. Erste Station: der Twin Peaks Tower, hoch über der Stadt, mit einer Bombenaussicht über die ganze Bay Area. Little Italy, North Bay und Chinatown. Dann aber wieder hurtig ins Hotel zurück, denn jetzt heißt es, sich noch schnell für den offiziellen Empfang beim Goethe-Institut schick und frisch zu machen. Das ist aber gar nicht so einfach, da sich davor einige Gewerkschaftler formiert haben, die gegen die Arbeitsbedingungen und schlechten Verträge für die Mitarbeiter des Hotels protestieren. Und das extrem lautstark, extrem penetrant, extrem aggressiv und extrem hartnäckig. Einige Sprüche des Megaphon-Einpeitschers werden in den nächsten Tagen zu nervigen Hits im Madsen-Kosmos. Wir kriegen das „There´s a boycott here, there´s a picket line here…“ oder das „Shame on you! Shame on you!“ einfach nicht mehr aus unseren Köpfen. Doch zurück zu unserem Bildungsauftrag: Wir werden von Peter und Ulla, die die ganze Tour organisiert haben, im Institut vorgestellt und schütteln Hände. Die Runde ist locker und lustig, Sascha wird als Stefan Madsen präsentiert und das Essen ist herausragend leckerst. Köchin Christiane, im Hauptberuf Repräsentantin des Klett-Schulbuch-Verlages, hat sich wahrlich übertroffen. Ganz besonderen Anklang bei den scharfen Madsen-Jungs findet ein „Nut Brittle mit Chili“, höllenfeurig im Abgang. Die zum Teil sehr kecken und nassforschen Schülerinnen singen uns „Du schreibst Geschichte“ vor und verabschieden sich mit einem schönen Lied, in dem „Auf Wiedersehen“ einige Male vorkommt. Auf jeden Fall. Im trauten Stuhlkreis geht es dann bei Bier und Wein sehr warmherzig und gemütlich weiter, ehe wir langsam den Rückzug ins Hotel antreten. Schließlich gilt es, morgen eine weitere Krachershow zu spielen.

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10.11. – San Francisco, CA

Heute ist Stefan Madsens Geburtstag. In aller Herrgottsfrühe gehen wir mit dem Twentysomething-Jubilar bei leichter Bescherung frühstücken. Seit heute haben wir von Herrn Goethe einen 15-Sitzer-Van zur Verfügung. Das macht volle Kanne Sinn, Freunde. Gleich ab auf Maloche. Nach einer kurzen Umstellungsphase von Gangschaltung zu Automatik (sorry, guys!) fahre ich das Schiff mit traumwandlerischer Sicherheit durch den Großstadtdschungel dieses wunderbaren Ortes, auf den Freeway hinaus in Richtung City College. Das Wetter könnte für das letzte Freiluftkonzert dieses Jahres nicht besser sein. So wie hier wäre das in Deutschland nicht möglich: über 1.000 Zuschauer, keine Security, keine Barrieren vor der Bühne, lediglich ein paar Zentimeter gelbes Absperrband hinter der Bühne, freie Zugänge für alle überall hin. Natürlich passiert nichts, wenn gleich uns vor allem die California Girls in den ersten Reihen lautstärke- und körpereinsatzmäßig schon sehr stark ins Schwitzen bringen. Bei „Mein Herz bleibt hier“ entern sie den Vorbau der Bühne und machen dem Ruf von Sebastian nach „Hot Sexy Dancers“ alle Ehre. Bei „Die Perfektion“ badet Sebi wieder in der Menge und singt und schreit Auge in Auge mit den Kids, die wirklich außer Rand und Band geraten. Lustig auch ein Transparent mit der Aufschrift „Der Typ hinter mir kann nichts mehr sehen“. Damit kann nicht der Konsul himself, Herr Rothen, gemeint sein, der uns mit seinem Besuch beehrt und nicht nur aufgrund seines extravaganten blau-weiß-gestreiften Anzugs sehr präsent strahlt. Es ist schon gewaltig, diese unmittelbaren und direkten Reaktionen zu sehen und die Dankbarkeit der Lehrer und vor allem Schüler und Studenten zu spüren. Eine bessere Motivation, eine Sprache zu lernen, ist kaum vorstellbar. Hätte es das bloß bei uns mit englischen oder amerikanischen Bands gegeben…

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Abends sind wir bei Ulla vom Goethe-Institut privat zum Essen eingeladen. Über die Golden Gate Bridge fahren wir raus ins San Rafael County, wo die Direktorin des Language Departments seit 17 Jahren ein kleines, sehr feines Häuschen mit ihrer Familie mitten im Grünen bewohnt. Ulla hat sturmfrei, und so kommen wir über delikate Nudelgerichte und Salate schnell zu Bier und „Digestifen“. Ach ja, Stefan hat ja auch noch Geburtstag. Hoch soll er leben. Irgendwann sind aber alle geschafft. Ich schlafe mehrmals fast ein, Sebastian und Lisa nicht nur fast, sondern in echt. German Gemütlichkeit eben, gemischt mit den Spuren der Strapazen der letzten Wochen. Über Stock, Stein und dem charakteristischen San-Francisco-Auf-und-Ab geht es hurtig zurück ins Bettchen.

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11.11. – San Francisco, CA

„There’s a boycott here…“ Nicht nur bei dem oben erwähnten Schreihals, sondern leider heute auch beim Hals unseres Shouters Sebastian, der mit starken Schmerzen und Heiserkeit aufwacht. Wir sehen uns gezwungen, die abendliche Show in den Light Rail Studios, die per Live-Streaming in die Welt geschickt werden soll, abzusagen. Nach dem grandiosen Konzert gestern zunächst etwas ernüchternd, aber kein Beinbruch. Eine Pause ist jetzt, zum Ende der Tour, für alle vielleicht nicht das Verkehrteste, insbesondere für Sebastian, der quer durchs Land an vorderster Front alles und mehr gegeben hat. Er verordnet sich Bettruhe, viel Wärme, Tee, Hege und Pflege. Wolle und meine Wenigkeit legen ein paar Bürostunden ein, der Rest chillt in der Hauptsache und macht „leichtes Programm“, denn es schüttet wie aus Pitchern. Als kleiner Ersatz für die ausgefallene Show treffen wir uns trotzdem alle dort, um bei einer gutprozentigen Auswahl an Getränken, Pizza und Madsen-Clips im Hintergrund mit Deutschen, Amerikanern, Lehrern, Schülern, Studenten, Studiopersonal, Goethe-Leuten ein wenig „Happy Time“ zu verbringen. Konny Reimers ist Gottseidank nicht dabei, dafür aber Mücke, der die halbe Nacht Großeinsatz in den Strassen von San Francisco leistet, zusammen mit seinem fürsorglichen Assistenten Niko Maurer Sex Machine. Zitat: „Es war ein wenig so, als ob zwei norddeutsche Country Boys ins heiße Nachtleben Kölns hineingeraten, nur halt in den USA…“

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12.11. – San Francisco, CA

„Wenn man die Regeln der Gesellschaft missachtet, kommt man ins Gefängnis. Und wenn man die Regeln im Gefängnis missachtet, kommt man nach Alcatraz.“ Gute Aussichten für die verkaterte Reisegruppe, die bei herrlichem Wetter die Überfahrt auf die legendäre Gefängnisinsel wagt. Alcatraz, ein Name wie Donnerhall. Hier ist niemand entkommen, außer Clint Eastwood. Es wird ein für alle beeindruckender Ausflug. Die hervorragende Audioguide-Tour mit O-Tönen von ehemaligen Wärtern und Gefangenen trägt dazu entscheidend bei. Wieder zurück in Freiheit, plagt uns erst mal der Hunger. Wasser und Brot macht halt auf Dauer nicht satt. Doch zunächst jagt uns Ulla von Goethe gefühlte 780 Treppen zum Strafeinsatz steil aufwärts in Richtung Coit Tower/Telegraph Hill, der nicht nur eine tolle Aussicht auf die Piers von San Francisco bietet, sondern nach hinten auch wieder steil runter nach Little Italy/North Beach geht. Und hier werden wir endlich fündig: beim sehr hervorragenden Italiener „Bocce“ hauen wir uns unsere über die Wochen schon beträchtlich angewachsenen Ranzen voll. Was jetzt noch fehlt, ist der Kaffee danach. Und wer San Francisco kennt, weiß, dass es dafür nur einen Ort geben kann, das „Caffe Trieste“. Ein toller, beinahe zeitloser Ort, an dem die Zeit sehr schnell vergeht. Und ein würdiger Ort, um sich innerlich ein wenig von dieser grandiosen Stadt, die so nett zu uns war, zu verabschieden. Langsam bricht die hierzulande sehr früh und schnell einsetzende Dunkelheit herein, und so machen sich Sascha und ich auf den Weg, unser Auto von Pier 27 abzuholen. Aaargh. Strafzettel. Ich habe „Weekend Rate“ statt „Fullsize“ gedrückt. 40 Dollar. Na ja, Künstlerpech. Rückzug, Hotel, Packen, Imbiss, Warten. Und dann Bus Call um Mitternacht. Weiter, immer weiter.

Madsen USA

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