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Is this hardcore?

Is this hardcore?
Mit At The Drive-In und Refused haben soeben zwei Hardcore-Helden des vergangenen Jahrzehnts ihre Reunions bekanntgegeben. Die Nachricht des jungen Jahres? Nicht für jeden. Jan Schwarzkamp und Britta Helm geben ihren Senf dazu.

PRO

Ist doch geil! Nein, wirklich! Zwei tolle, wichtige Bands kündigen an, wieder aufzutreten, und das auch noch gemeinsam auf einem Festival, um das die Wüste zu beneiden ist. Natürlich macht das vor lauter Freude auch Angst, weil zu gute Sachen immer auch Angst machen, aber wo kämen wir denn hin, wenn alles immer sicher wäre? Also. „In/Casino/Out“ und „The Shape Of Punk To Come“ waren unfassbar gute Alben, und das bleiben sie auch, selbst wenn Omar Rodriguez-Lopez seine Songs jetzt lieber auf dem Hackbrett spielen würde und Dennis Lyxzén sich in Millionen wälzt. Sollen sie, geschieht ihnen recht, sind doch ihre Ideale, sind doch ihre Bands. Wer sich verraten fühlen will, kann das von jeder Band und immer schon spätestens zum zweiten Album. La Dispute? „Kannte ich schon, bevor du geboren wurdest.“ Dover? Na gut, die neueren Sachen können nichts, aber das heißt nur, dass die alten umso besser waren. Get Up Kids? Kann man auf Konzerten doch nicht ernsthaft für die alten Songs bejubeln und für die neuen ausbuhen. Musik lässt sich nicht festhalten, nur weil man sie mag. Vielleicht machen At The Drive-In noch ein Album zur Tour, und vielleicht wird es richtig fürchterlich. Aber das darf es, und das dürfen sie. Und wenn Refused reich sein wollen statt arm begraben, dann dürfen sie auch das. Wenn schließlich alte müde Leute auf der Coachella-Bühne stehen, dann ist das besonders schade bei welchen, die man wach und jung kannte, aber schlecht wäre es auch bei einer Band ohne Vergangenheit. Konservieren ist feige. Bands gehören niemanden, am wenigsten ihren besorgten Fans. Sollen sie scheitern, triumphieren, weitermachen. Oder es wenigstens versuchen.
Britta Helm

CONTRA

1997 habe ich mir die Fingernägel schwarz lackiert, weil Dennis Lyxzén das auch hatte, im Video zu „New Noise“. Live gesehen habe ich Refused nie. Bei At The Drive-In war das anders. Auf eine Empfehlung eines gut informierten Bekannten sah ich die Weirdos auf der In Casino Out-Tour im Bochumer Blackout. Sie bliesen mich einfach weg. Dann befolgten beide Bands die schöne, treffende Redewendung, dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Eine Faustregel, an die sich nur die wenigsten, aber offenbar die Besten halten. Schade, wenn die Besten dann doch mit ihrer selbstauferlegten Konsequenz brechen, für die man sie bewundert hat. Natürlich würde ein Teil von mir Refused und At The Drive-In gerne noch mal sehen. Der andere Teil aber fragt sich: Warum zur Hölle kommen alle irgendwann wieder? Gerade bei diesen zwei Ikonen der Integrität, möchte man sich das verbitten. Weil es ihnen angeblich ja nie um Geld ging. Weil die Auflösung im Sinne der Band stattfand. Weil man sich nicht mehr steigern konnte. Jetzt sind sie wieder da, um die Kuh zu melken, bevor Euro und Dollar keinen Cent mehr wert sind. Plötzlich sind all die jahrelangen, vehementen Verneinungen einer Reunion zunichte. Denn so sehr man doch gehofft hatte, dass beide Bands wieder von den Toten auferstehen, so sehr fand man es toll, dass sie sich der Wiederbelebung so rigoros und unbestechlich versperrten. Jetzt unterwandern diese ihre einst hochachtungsvolle Glaubwürdigkeit, um sich und ihre Legende zu verkaufen. Alles Verräter außer The Smiths!
Jan Schwarzkamp