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Einsicht ist der beste Weg

Einsicht ist der beste Weg
Als vorläufigen Schlussstrich unter die Misere mit dem XCP-Kopierschutz, tauscht SonyBMG nun freiwillig alle betroffenen CDs aus und bietet diese sogar als MP3-Dateien zum Download an.

Eigentlich wollte SonyBMG es richtig gut machen. Man wollte seinen Kunden gestatten, legal gekaufte Alben zwar nicht beliebig oft, aber immerhin mehrmals zu kopieren und sie auf dem heimischen Rechner abzuspielen, ohne aber dabei die Kontrolle über die eigenen Urheberrechte und die Anzahl der Kopien zu verlieren. Theoretisch möglich machen sollte dies das von der Software-Firma First4Internet entwickelte Kopierschutzsystem XCP (Extended Copy Protection) mit dem sich eine begrenzte Anzahl ebenfalls kopiergeschützter Duplikate des Originalalbums herstellen lässt und mit dessen sich selbst installierender Software ein Abspielen auf dem PC – trotz Kopierschutz – möglich wird.

Das ist prinzipiell eine guter Ansatz, wenn man beispielsweise bedenkt, dass durch den – inzwischen auf unbestimmt Zeit verschobenen – zweiten Korb der Urheberrechtsnovelle das Recht auf eine Privatkopie – besonders auf Drängen der Industrie – eingeschränkt werden sollte und SonyBMG mit der XCP-Technologie seinen Kunden dieses Recht zugesteht, wenn auch nach den eigenen Regeln.

Keine gute Idee ist es dagegen, unter dem Deckmantel des Schutzes seiner Urheberrechte seine eigenen Kunden auszuspionieren und ihnen ein Programm auf die Festplatte zu schmuggeln, welches mehr Probleme bereitet als das es nützt. (Wir berichteten.) So installiert XCP unter anderem heimlich ein sogenanntes Rootkit auf dem Rechner, welches – nach Möglichkeit – ständig Daten über den Besitzer der CD an SonyBMG sendet und so den Computer nicht bloß ausbremst, sondern ebenso anfällig für weitere Sicherheitsrisiken, beispielsweise Internetwürmer macht. Dennoch lenkte SonyBMG nur zögerlich ein, als die durch das eingesetzte Kopierschutzprogramm auftretenden Sicherheitslücken offenbar wurden und ein weltweites Medienecho das Vorgehen des Labels kritisierte.

Erst nach weiterer Kritik an der halbherzig angegangenen Problembewältigung machte das Majorlabel eine Kehrwende und bietet seit letzter Woche auf seiner Homepage unter dem Link „Information On XCP Content Protection“ seinen Kunden an, die betroffenen CDs kostenlos auszutauschen. Wer nicht warten möchte, kann sich diese sogar als MP3-Dateien herunterladen. Darüber hinaus hat SonyBMG alle seine Vertriebspartner angewiesen, die CDs aus dem Verkauf zu nehmen und die Produktion von CDs mit XCP eingestellt.

Verwunderlich dabei ist, dass die Liste der anscheinend mit XCP ausgelieferten CDs sehr viel länger ist als die zuerst von Thomas Hesse, Präsident von Global Digital Business bei SonyBMG, bestätigte. Des Weiteren laufen noch immer Klagen aufgrund von XCP in Kalifornien gegen das Majorlabel, zu denen sich demnächst vielleicht noch weitere gesellen könnten. Denn wie nun am Wochenende bekannt wurde, griff First4Internet – ironischerweise – zum Schutz von SonyBMGs Urheberrechten selbst illegal auf fremdes geistiges Eigentum zurück.

Vielleicht räumte auch deshalb SonyBMGs Europa- und Deutschlandchef Maarten Steinkamp in einem Interview mit der Welt ein, dass „Sony BMG (…) sich nicht nur ziemlich, sondern sehr blamiert“ hat. Anscheinend hat das Unternehmen aus der Schlappe mit XCP gelernt, zumindest beteuert Steinkamp, „dass wir in Europa kein Produkt mit diesem Kopierschutzsystem produziert haben und auch keines damit produzieren werden.“

Dennoch wird in absehbarer Zeit natürlich ein Kopierschutzsystem auch in Europa eingeführt werden. Ob es dann unter einem anderen Namen besser klappt, wird sich zeigen.

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