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Fake-Band Threatin: Ex-Bandmitglieder melden sich zu Wort

Fake-Band Threatin: Ex-Bandmitglieder melden sich zu Wort
Management, Facebook-Likes, Youtube-Views und angeblich verkaufte Tickets – alles Fake bei der Metal-Band rund um einen Multiinstrumentalist namens Jered Threatin. Seine Tourmusiker erfuhren davon auch erst, als die Story durch die Medien ging – nun erzählen sie ihre Seite der Geschichte.

Am Wochenende wurde die bizarre Fake-Aktion hinter der Band Threatin aufgedeckt, als sie auf ihrer inzwischen abgesagten Europa-Tour wiederholt in fast leeren Clubs spielte, obwohl den Venue-Betreibern vorher große Popularität und erfolgreicher Ticketvorverkauf versprochen wurde. Alles nur Fassade: Jered Threatin hatte vom profilierten Bandprofil über seine Management-Agentur bis hin zu den Klickzahlen seiner Musik im Netz alles nur vorgetäuscht.

Auch seine engagierte Backing-Band war bis dahin ahnungslos, wie Gitarrist Joe Prunera und Schlagzeuger Dane Davis in Interviews verrieten. Für Prunera, 36 Jahre alt und aus Las Vegas, fing alles mit einer Facebook-Nachricht von einer „Vertreterin einer Komplettservice-Talent-Management-Agentur“ namens Lisa Golding an. Sie habe ihn in Videos gesehen und halte ihn für einen passenden Musiker für eine Band aus Los Angeles, und sie wolle ein Probespiel mit ihm organisieren. Nach einigen persönlichen Telefonaten habe er sich darauf eingelassen und wurde an einen Joe Abrams weitergeleitet, der das Treffen in Hollywood veranstaltete. Später stellte sich heraus, dass besagte Lisa Golding vermutlich gar nicht existiert: Ihr Profil besteht aus Stock-Fotos und die Agentur „Aligned Artists Management“ mit „Büros in Beverly Hills, Nashville und New York“ ist ein einziger Schwindel.

Beim Vorspielen seien zwei weitere Konkurrenz-Gitarristen anwesend gewesen, doch Prunera bekam den Job. „Wir hatten etwa sechs Wochenendproben und in der Woche, bevor wir nach London geflogen sind, haben wir die ganze Woche lang geprobt und das Set vier Mal am Tag durchgespielt“, erzählte er gegenüber Metalsucks. An Jered Threatin – ob das sein echter Nachname ist, wisse er nicht – sei ihm nichts seltsames aufgefallen. „Was ich nur komisch fand, war, dass wir keine Auftrittsverträge oder Anstellungsverträge unterschrieben haben. Das ist natürlich kein guter Move, aber wir hatten das Gefühl, dass bis hier hin alles legitim war“, so Prunera.

Obwohl sie viel Zeit miteinander auf Tour verbrachten, wisse er wenig über Jered. Er sei wohl im Mittleren Westen der USA aufgewachsen, und soweit er weiß, habe er keinen regulären Job. Seine Frau Kelsey habe den Tourvan gefahren, und obwohl die beiden unglaublich viel Geld für Unterbringungen, Flugtickets und den gigantischen Band-Fake ausgegeben haben müssen, hätten sie nicht übermäßig betucht gewirkt. Aber knauserig: Die Bandmitglieder sollen nur 300 US-Dollar für die Tour bekommen haben – von denen sie sich auch Verpflegung kaufen mussten. Aber immerhin gab es die Gratis-Europareise.

Die Story von Schlagzeuger Davis deckt sich mit der von Prunera. Auch er habe mit Golding telefoniert, wurde zum Casting eingeladen und empfand Jered Threatin insgesamt als unkomplizierten, entspannten Typen, wie er Classic Rock im Interview sagte. Seltsam kam ihm vor, dass die eigentlich geplante Nordamerika-Tour plötzlich zur Europa-Tour wurde. Aber Jered habe der Band erzählt, dass Tickets für die Venues fast ausverkauft seien und er bereits Hits in Deutschland landen konnte. Aufgeregt hätten Davis‘ Mutter und sein Bruder sogar Flugtickets gekauft, um ihn in Nordirland live zu sehen – jetzt sitzen sie dort und warten auf den Rückflug.

Der Auftritt vor fast leerem Haus im Londoner The Underworld kam den beiden dann doch merkwürdig vor. Jered Threatin habe es abgetan und gemeint, dass irgendetwas passiert sein muss, so etwas sei er nicht gewohnt. Auf der Fähre nach Nordirland bekam die Band über Freunde und Verwandte die ersten Artikel über den großen Fake zugespielt – „und dann ergab rückblickend alles Sinn“, meinten beide. Sie entschieden sich beide, auszusteigen. Jered Threatin habe sich in dieser ganzen Geschichte als das Opfer gesehen, den Ausstieg aber verständnisvoll akzeptiert. Seine Frau Kelsey dagegen sei außer sich gewesen. Prunera konnte das nicht genau einordnen: Vielleicht hat sie selbst nichts von der ganzen Chose gewusst.

Prunera und Davis zeigten sich beide enttäuscht von der Aktion, sagten jedoch, daraus viel gelernt zu haben und hoffen, dass sich durch den „Ruhm“ und die Erfahrung neue Möglichkeiten ergeben. Prunera arbeitet an einem eigenen Album, und sagte zum Abschluss: „Das ist so verrückt, dass ich nicht anders kann, als in mich hineinzulachen. Es ist der reine Wahnsinn.“ Von Bassist Gavin Carney gibt es kein öffentliches Statement. Prunera meinte, er wäre mit Jered weitergefahren – unter Umständen einfach nur, weil er sich kein Ticket zurück in die USA leisten konnte.

Auf der Facebook-Seite von Threatin wurde für heute ein „‚gefälschtes‘ offizielles Statement“ angekündigt.

Video: Schlagzeuger Dane Davis nach Bekanntwerden des Threatin-Fakes (Video von Montag)