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Childish Gambino hält den USA in brutalem "This Is America"-Video den Spiegel vor

Childish Gambino hält den USA in brutalem „This Is America“-Video den Spiegel vor
Es ist schon jetzt eines der Videos des Jahres: Mit „This Is America“ hat US-HipHop-Künstler Donald Glover alias Childish Gambino eine bildgewaltige Sozialkritik inszeniert, die den Rassismus und Waffenfetisch Amerikas erschütternd einfängt.

Es fängt so harmlos an: Gospelige Gesangsspuren verschmelzen mit zartem, frühlingshaftem Gitarren-Fingerpicking, dazu singt Donald Glover Zeilen wie „We just wanna party/ Party just for you/ We just want the money/ Money just for you“, materialistischer Feel-Good-R’n’B liegt in der Luft. Parallel tanzt Glover in einer fast leeren Lagerhalle in weichen Bewegungen in Richtung Kamera, zum eben noch sichtbaren Gitarristen. Dann kippt die Szene: Der Gitarrist hat plötzlich als Geisel einen Sack übergezogen, Glover tritt von hinten an ihn heran, zieht eine Pistole und feuert dem Wehrlosen in den Kopf. Die Musik verstummt, ein bedrohlicher Beat rollt an, „This is America“ spricht Glover die zynische Botschaft des Tracks in die Kamera.

Der beeindruckt in seiner restlichen Spielzeit nicht nur mit dem noch mehrmals vollzogenen Wechsel von souligem Wohlklang zu tonlosem HipHop und der entlarvenden sarkastischen Reproduktion von Klischees rund um Schwarze im Text. Sondern vor allem damit, wie das Video die Geschichte von Rassismus und Missachtung schwarzer Menschen in den USA mit Waffengewalt verknüpft und durch unzählige Referenzen bis in die Gegenwart hinein verdichtet. Jede Szene, jede Geste, jedes Detail an dem Clip ist mit Bedeutung aufgeladen: Glovers Tanzbewegungen zitieren – während im Hintergrund Gewalt und Aufstände wüten – immer wieder afrikanische Tanzstile und die rassistischen Minstrel Shows, in denen Weiße sich das Gesicht schwarz schminkten und sich mittels Stereotypen über die vermeintlich dümmeren Schwarzen lustig machten oder diese zu ihrer Belustigung auftreten ließen. Dazu passt die Pose, in der Glover den Gitarristen erschießt, die an die rassistische Karikatur des Jim Crow angelehnt ist, der für den singenden, tanzenden Schwarzen schlichten Gemüts stand.

Das andere große Topos des Videos ist Waffengewalt gegen Schwarze: Wenn Glover mit einem Schnellfeuergewehr einen Gospelchor niedermäht, spielt er damit auf das 2015 verübte Massaker in einer Kirche in Charleston, South Carolina an. Und die vielen leeren Autos mit geöffneten Türen in einer Szene symbolisieren jene Schwarzen, die bei Verkehrskontrollen von der Polizei erschossen wurden – wie etwa 2016 Philando Castile. Auch relevant: Die Waffen, mit denen Glover beiläufig und sekundenschnell mordet, landen fein säuberlich in roten Tüchern von Assistenten – die Todeswerkzeuge erhalten mehr Aufmerksamkeit als die Getöteten, ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung NRA und Co.

Erklärungen zu weiteren Details wie Rap-Gastauftritte, Anspielungen auf den von Rassismus handelnden Film „Get Out“, einen Reiter der Apokalypse oder einen unbemerkten Suizid findet ihr beim US-Portal Mashable.

„This Is America“ ist der erste Vorbote auf eine neues, letztes Childish Gambino-Album. Den Clip hatte Glover – der auch als Schauspieler, Fernsehautor und Regisseur aktiv ist, aktuell beispielsweise bei der von ihm erschaffenen Rap-Dramedy-Serie „Atlanta“ – in der US-Comedy-Show „Saturday Night Live“ vorgestellt.

Zu „This Is America“ und seinem Video äußerte sich Glover selbst nur denkbar knapp: Er habe „nur einen guten Song machen wollen. Etwas, dass Leute am [US-amerikanischen Unabhängigkeitstag] 4. Juli spielen können.“

Childish Gambino befindet sich mit „This Is America“ in guter Gesellschaft: Im vergangenen Jahr hatten etwa Run The Jewels ebenfalls mit einem eindrucksvollen Video Stellung zum Status Quo in den USA bezogen.

Video: Childish Gambino – „This Is America“

Video: Childish Gambino über „This Is America“