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Laura Jane Grace veröffentlicht Auszug aus Autobiografie "Tranny"

Laura Jane Grace veröffentlicht Auszug aus Autobiografie „Tranny“
Unter dem Titel "Tranny: Confessions Of Punk Rock's Most Infamous Anarchist Sellout" veröffentlicht Laura Jane Grace am 15. November ihre Memoiren. Eine erste Leseprobe hat die Against-Me!-Frontfrau schon jetzt ins Netz gestellt.

Die Leseprobe ihrer im März angekündigten Memoiren „Tranny: Confessions Of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout“ erschien bei Vice, deren Autor Dan Ozzi Laura Jane Grace beim Schreiben des Buches unterstützte. „Es gibt unendlich viele Rockstar-Memoiren über Sex, Drogen und Rock’n’Roll“, sagte Ozzi im Zusammenhang mit dem neuen Buch. „Sucht euch eine von ihnen aus und schlagt eine beliebige Seite auf, auf der es um Sex mit Groupies geht oder darum Hotelzimmer zu verwüsten und Lines zu ziehen. Als Laura Jane Grace und ich anfingen, an ihrem Buch ‚Tranny: Confessions Of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout‘ zu arbeiten und über ihr Leben als Frontfrau der Punkband Against Me! zu erzählen, wollten wir es anders machen – weil hinter ihrem schlechten Benehmen jede Menge mehr steckte.“

Unten findet ihr den Auszug, den wir ins Deutsche übersetzt haben. „Tranny: Confessions Of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout“ erscheint am 15. November via Hachette Books. Den Auszug lest ihr in englischer Originalfassung bei Vice.

Auszug aus „Tranny: Confessions Of Punk Rock’s Most Infamous Anarchist Sellout“

Der Bus wartete auf dem Parkplatz des Leon Country Jail auf mich. Es war vier Uhr morgens. Ich war vernommen und wegen Körperverletzung angeklagt worden, bevor man mich gegen eine Kaution von 500 Dollar gehen ließ. Unser Busfahrer Radar nickte mir freundlich zu und lächelte mich an, als ich mit einem Seufzen den Bus betrat.

Meine Zelle hatte ich mir mit Mills geteilt, einem triefäugigen Mann in Jogginghose und weißem Tanktop. „Alle Strafanstalten fangen an, die Organe der Insassen für Geld zu verkaufen“, erzählte er mir. Er sah aus wie ein erfahrender Veteran des Systems, und ich wollte seine Weisheit nicht infrage stellen. Ich nickte und hörte ihm zu. Meistens aber driftete ich mit meinen Gedanken ab und verlor mich in Reue. Ich dachte darüber nach, welchen dummen Fehler ich begangen hatte und wie kurz die Hölle mir bevorstand.

Am Morgen zuvor gingen Heather und ich in ein Kaffeehaus in Tallahassee, das sich einen Parkplatz mit der Beta Bar teilte. Einem Club, in dem Against Me! an diesem Abend spielen sollten. Wir waren dort regelmäßig aufgetreten. Wir bestellten Tee, und ich spazierte zur Toilette. Ein schwarzes Brett mit verschiedenen Flyern und Notizen hing an der Wand. Einer davon war ein Pressebericht von unserer Show, ausgeschnitten aus einer Zeitung. Irgendjemand hatte mit einem Stift lauter Xe über unsere Augen gekritzelt und das Wort „Sellout“ auf meine Stirn gesudelt. Ich riss es ab, knüllte es zusammen und warf es in den Mülleimer. Als ich mich umdrehte, stellte sich mir ein Punk in den Weg.

„Warum hast du das getan?“, knurrte er.

„Ich habe mich beleidigt gefühlt, also habe ich es abgerissen“, antwortete ich.

„Für wen zur Hölle hältst du dich? Das ist unser Ort, nicht deiner.“ Er drehte mir den Rücken zu und setzte sich wieder an den Tresen.

Ich ging ihm nach. „Ich bin ein verdammter Mensch, und ich kenne dich nicht. Warum behandelst du mich so?“

Er saß vor seinem Kaffee und ignorierte mich. „Was ist dein Problem?“, bedrängte ich ihn.

„Für mich ist dieses Gespräch beendet“, sagte er, und warf mir einen selbstgefälligen Blick zu.

Aber für mich war es das nicht. In meinem Kopf legte sich ein Schalter um. Plötzlich sah ich in diesem Jungen jeden Menschen, der mir Ausverkauf vorwarf. Jeden Punk, der mir aus der Menge den Mittelfinger zeigte. Jedes Arschloch, das den Namen meiner Band in irgendeinem Fanzine verleumdete.

Er hob seine Tasse, um daran zu nippen. Noch bevor sie seine Lippen erreichte, schlug ich sie ihm aus der Hand. Der Kaffee spritze in alle Richtungen. Ich packte ihn von hinten, schlug sein Gesicht nach unten und drückte seine Wange auf den nassen Tresen. Ich war nicht mehr ich selbst. Ich weiß nicht, was ich in diesem Moment getan hätte, wenn mich nicht einige Leute von ihm heruntergezerrt und angefangen hätten, auf mich einzuschlagen.

Was ich nicht wusste, war: Das Kaffeehaus veranstaltete später selbst eine Show, um gegen das Against-Me!-Konzert nebenan zu protestieren. Die meisten Leute dort wussten, wer ich war, und versuchten, mich zu Boden zu bringen. Für mich waren sie nur Unbekannte, die nach mir schlugen, aber sie kannten meinen Namen. Jeder Hieb auf meinen Körper war ein Zeichen der Rache im Namen der Punkszene. Ein Kopfstoß beförderte mich schließlich zurück in die Realität. Es tat nicht besonders weh, aber der Gedanke, einen Kopfstoß verpasst zu kriegen, war so lächerlich, dass ich dadurch wieder Herr meiner Sinne wurde.

„Lasst mich einfach gehen“, sagte ich zu ihnen.

„Ich lasse deine Arme los“, hörte ich jemanden hinter mir sagen. „Wenn du mich schlägst, dann, bei Gott, werde ich dich umbringen.“

„Klar, Bruder“, dachte ich. „Du wirst mich umbringen. Natürlich.“

Ich wusste nicht, was Heather dachte, als wir der Schlägerei entkamen. Sie sagte nichts. Wir gingen schweigend die Eisenbahnschienen entlang bis es Zeit wurde, zur Venue zurückzukehren. Als wir ankamen, warteten bereits zwei Polizeiwagen auf dem Parkplatz.