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Matthew E. White - Im Interview

Matthew E. White – Im Interview
Mit seinem Debütalbum "Big Inner" hat Matthew E. White aus Richmond/Virginia eine der besten Platten des bisherigen Jahres vorgelegt. Wir haben ihn darüber ausgefragt.

Matthew E. White – „One Of These Days“

In der aktuellen VISIONS-Ausgabe schreibt Jan Schwarzkamp, „Big Inner“ sei ein meisterhaftes Album, das Soul-, Country- und Folkrock auf selten zuvor so schlüssig gehörte Weise verbinde. Zehn Punkte! Matthew E. White hat das Album mit einer Art persönlicher Bigband aufgenommen, die er sich durch seine Tätigkeit als Jazzmusiker in Virginia zusammengesammelt hat. Im vergangenen Jahr ist „Big Inner“ dann zunächst über das eigens dafür gegründete Label Spacebomb erschienen, bevor es von Domino Records für einen weltweiten Release aufgegriffen wurde. Mit Spacebomb möchte White in Zukunft Platten verschiedener Künstler veröffentlichen, die in seinem Studio und mit der Spacebomb-Hausband arbeiten – ähnlich, wie es früher bei Soul-Labels wie Motown, Stax und Chess gehandhabt wurde.

„Big Inner“ ist eine sehr abwechslungsreiche Platte, und es passieren darauf sehr viele verschiedene Dinge gleichzeitig. Nur deine Stimme bleibt die ganze Zeit über besonnen und beruhigend. Klingt nicht nach einem Zufall.
Eigentlich war es aber einer. Ich habe mich immer eher für einen Background-Sänger gehalten, bis ich irgendwann aus einer Laune heraus ein Cover des Songs „People Get Ready“ von The Impressions aufgenommen habe. Ich habe das Lied sehr sanft und nahe am Mikrofon gesungen, ähnlich wie ich es auf „Big Inner“ tue, und irgendwie hat mich der Sound, der dadurch entstanden ist, nicht mehr losgelassen. Zum ersten Mal dachte ich, ich könnte vielleicht auch der Leadsänger auf einem ganzen Album sein. Dass ich auf der Platte nun so gleichförmig singe, liegt in erster Linie daran, dass meine Stimme keine große Reichweite hat. Wenn ich versuchen würde, die Leute mit meiner Stimme zu beeindrucken, würde das schiefgehen.

Deine Stimme erinnert mich in deiner Musik auch am meisten an Randy Newman, mit dem du häufig verglichen wirst.
Ich mag Randy, weil er ganz eigener Songwriter ist. Er schlägt andere Töne an als die anderen, hat ein anderes Selbstverständnis. Aus seiner Musik habe ich das Selbstvertrauen geschöpft, Songs auf meine eigene Weise zu schreiben. Er macht nicht viele Worte, sagt aber sehr viel damit, und er benutzt die Arrangements seiner Lieder, um seine Erzählungen noch weiter auszuschmücken. Daran bin ich auch sehr interessiert.

Du verfolgst mit „Big Inner“ und deinem Label Spacebomb mehrere Ansätze, die in der Musikindustrie eigentlich ausgedient haben. Ihr habt eine eigene Hausband, alles entsteht im gleichen Studio, die Arrangements werden vorher präzise ausformuliert.
Ich halte mich nicht für altmodisch, aber ich bin ein großer Fan der Art, wie Alben früher aufgenommen wurden. Unsere Arbeitsweise hat nichts mit Nostalgie zu tun, sie funktioniert einfach und führt uns zu einem Sound, den wir mit anderen Mitteln nicht entwickeln könnten.

Man muss dafür natürlich gewisse musikalische Fähigkeiten mitbringen. Da kommt dann dein Jazz-Background ins Spiel.
Ich kann gar nicht beurteilen, ob ich ein besonders guter Musiker bin. Ich habe bestimmte Stärken, aber auch viele Schwächen. Also versuche ich, die Stärken zu betonen, zum Beispiel durch unsere Arbeitsweise. Müsste ich ein Dubstep-Album machen, wäre ich aufgeschmissen.

Glaubst du, es hat sich bei vielen Musikern wegen bestimmter technologischer Forschritte eine gewisse Faulheit eingeschlichen, was den Aufnahmeprozess angeht? Wird heute zu viel schlecht aufgenommene Musik veröffentlicht? Vielleicht sogar zu viel Musik insgesamt?
Ach, wer kann schon entscheiden was zu viel ist und was nicht. Gibt es heute mehr Musik als je zuvor? Ja. Gibt es mehr Scheißmusik? Ja, aber ich muss sie mir ja nicht anhören. Und gibt es vielleicht auch mehr gute Musik? Wahrscheinlich schon, und davon profitiere ich als Hörer. Technologie hat die Gewohnheiten der Menschen schon immer verändert, also nützt es nichts, Angst davor zu haben. Und es verändern sich ja auch viele Dinge zum guten: Der Zugang, den man heute zu Musik und zum Musikmachen hat, hat die Industrie wachgerüttelt. Leuten wie mir stehen heute Türen offen, die vor 30 Jahren noch verschlossen geblieben wären.

Viele deiner Texte drehen sich um dein Verhältnis zum Christentum, du klingst sehr zweiflerisch, wenn du darüber singst. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass die Musik auf „Big Inner“ zu einer Art Ersatzreligion für dich wird.
Nein, das sicher nicht, aber ihre spirituellen Qualitäten sind mir absolut bewusst. Auf eine spirituelle Weise ist Musik sehr zugänglich und zuverlässig – deshalb spielt sie ja auch in jeder denkbaren Religion so eine große Rolle. Ich liebe Musik auf eine Weise, die ich gar nicht beschreiben kann. Man kann sich an ihr festhalten, selbst wenn alles andere den Bach runtergeht.

Matthew E. White – „Big Love“

Live: Matthew E. White

15.04. München, Strom
17.04. Berlin, Privatclub
18.04. Hamburg, Knust
19.04. Köln, Gebäude 9