Ben, zuerst die wichtige Frage: In London hast du dich beim Skaten verletzt, wie geht es deiner Hand?
Ben Reed (Gesang/Gitarre): Ach, ich bin nur hingefallen und habe meine Hand dabei etwas zu sehr belastet. Ich weiß nicht, ob sie vielleicht ein bisschen gebrochen ist sogar, aber es war wirklich schmerzhaft. Zum Glück funktionieren meine Finger noch. Es war echt nicht ideal, die Tour mit einer Verletzung zu beginnen, aber es ist besser geworden. Ich musste nur in den ersten Tagen Schmerzmittel nehmen, um das Set durchzustehen …
Jonny Lani (Drums): Es sah so schlimm aus.
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Was bedeutet denn Skate-Kultur generell für euch?
Reed: Ich skate seit meiner Jugend. Aber es ist jetzt nichts, was ich durchgängig betreibe. In Australien – und eigentlich überall auf der ganzen Welt – skatet jeder doch ein bisschen.
Lani: Ich bin eher Fan, statt aktiver Skater mittlerweile. Ich bin zu fett und alt geworden. (lacht)
Skaten verbinden viele wohl mit dem Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit. Etwas, das ihr mit euer Musik auch sehr gut einfangt. Empfindet ihr das auch so?
Lani: Skate-Kultur ist einfach cool. Ich finde es toll, wenn unsere Musik damit Hand in Hand geht, aber ich weiß nicht, ob wir so cool sind wie die Skater selbst. Na ja, wir haben immerhin einen Song namens „Got On My Skateboard“. (lacht)
Reed: Es ist schön, wenn man bestimmte Leute trifft, die die Szenen zusammenbringen. Ich habe etwa einen Kumpel, der Skatejams veranstaltet und befreundete Bands dort spielen lässt. Es macht Spaß, wenn Musik und Skaten so zusammenfinden.
War das auch ein Teil eurer musikalischen Sozialisation?
Reed: Unterbewusst auf jeden Fall – wie mit allem, wovon man besessen ist. Durch Skatevideos lernte ich eben bestimmte Musik kennen. Das war natürlich sehr inspirierend.
Lani: Ja, so habe ich als Kind haufenweise Musik entdeckt. Wahrscheinlich auch aus den ganzen Surferfilmen.
Eure neue Platte “Pacific Highway Music” ist allerdings inspiriert vom endlosen Fahren auf der Küstenstraße in Australien. Was ist besonders daran und was ist der Unterschied zu Europa?
Reed: Es ist so viel weitläufiger in Australien. Wir haben immer in verschiedenen Gegenden gelebt, sodass wir immer unterwegs sein mussten. Auch wenn wir jetzt unsere Familien besuchen wollen, muss man eine ordentliche Strecke zurücklegen. Wir scheinen einfach sehr viel Zeit auf der Straße zu verbringen, aber das ist nichts Schlechtes. Man lernt, wo die guten Stellen zum Anhalten sind. Und wenn man nicht unter Zeitdruck steht, macht es auch Spaß – vor allem, wenn man allein ist.
Lani: Ich vermisse es irgendwie sogar. Ich bin schon so lange nicht mehr selbst gefahren, weil wir sechs Wochen in den USA waren. Ich freue mich schon darauf, eines Tages am Flughafen von Brisbane wieder ins Auto zu steigen und zweieinhalb Stunden nach Hause zu fahren.
Was ist das Verrückteste, das euch auf einem solchen Roadtrip je passiert ist?
Reed: Nun, wir wurden einmal von einem Lastwagen erwischt! Das war, als Toby [Cregan] noch in der Band war. Er ist gefahren und hat zum Glück in letzter Sekunde noch reagiert.
Lani: Die Autobahn war auch noch so voll, weil alle in den Ferien am Tag nach Neujahr die gleiche Ausfahrt nehmen wollten. Der LKW war so groß, dass es einfach dunkel wurde, als er herüberzog. Ich schätze, der LKW-Fahrer ist eingeschlafen oder so.
Reed: Eigentlich hat er uns nur gestreift, aber wir wurden zwischen zwei Autos eingeklemmt.
Lani: Man konnte keine der Türen öffnen. Wir waren komplett fertig mit den Nerven!
Reed: Zum Glück ist uns nichts Schlimmeres passiert, trotzdem hatten wir keine Kontrolle über die Situation. Wir dachten, dass es uns allen gut gehen würde, aber dann am nächsten Tag bin ich mit einem Schleudertrauma aufgewacht, mein Nacken war komplett steif.
Lani: Als wir ausstiegen und merkten, dass wir am Leben sind, hatten wir den totalen Adrenalinrausch und haben deswegen erstmal nichts davon gemerkt.
Reed: Alle Instrumente schossen auch aus dem Fenster, etwa 50 Meter die Straße hinunter. Wir mussten die Snare Drum und die Gitarren erst wieder einsammeln. Zum Glück bin ich nicht in die andere Richtung geflogen. Wir sind froh, dass die Physik ihr verdammtes Ding gemacht hat.
Das Album habt ihr auch in den Rancho De La Luna Studios in der kalifornischen Wüste aufgenommen. Es klingt etwas anders als sonst. Wie fühlt sich die Entwicklung für euch an?
Reed: Wir haben es einfach mal so versucht, weil es nur noch mich und Jonny in der Band gab. Wir sind bescheiden, wollten aber was Neues ausprobieren und haben aber schnell gemerkt, dass wir nicht so weit sind. Dann sind wir zu den alten Methoden zurückgekehrt.
Lani: Sagen wir, der Kreis hat sich geschlossen. Denn wir haben immer live im Studio gespielt. So ist die Energie so viel besser. Jetzt haben viel mehr individuell gemacht, etwa das Schlagzeug allein eingespielt. Das war total beängstigend – und auch ein bisschen scheiße. (lacht) Jeder sieht einen durch die Glasscheibe an. Das ist verdammt seltsam. Ich habe bei diesen Aufnahmen viel gelernt und es hat Spaß gemacht, etwas anderes auszuprobieren.
Du würdest also nicht sagen, dass es ein sonderlich organischer Prozess für euch war.
Lani: Wir haben einfach Dinge ausprobiert und versucht, den Kopf freizukriegen.
Ihr hattet schließlich eine große Veränderung durchgemacht. Was hat sich ohne Toby verändert?
Reed: Nun, hauptsächlich haben wir einfach versucht, dieses Album zu zweit zu machen. Jetzt haben wir einen neuen Kerl in der Band. Also werden wir das nicht mehr so machen. Eigentlich macht es ja auch Spaß, ein Album aufzunehmen. Normalerweise kommen die Songs dann ganz von allein, wir trinken ein paar Bier und man spielt sie so, als würde man eine Show spielen – und das überträgt sich ziemlich gut. Solche Songs haben am Ende einfach mehr Seele und Gefühl. Aber ich bin immer noch stolz auf dieses Amerika-Album. Cooler Scheiß, aber auch verdammt seltsam irgendwie.
Reed: Wir hatten sowas vorher noch nie wirklich gemacht. Das Wichtigste, was ich gelernt habe, ist daher: Man sollte immer so tun, als ob man nur drei oder vier Songs machen würde. Nur für eine EP oder so, dann wird niemand überfordert und niemand stresst sich. Wenn mit der Einstellung vielleicht ein paar mehr Songs herausspringen, ist das doch super. Ich glaube, das wird unser Hack für die Zukunft sein.
Auch wenn das Album etwas anders klingt, kann man einen Skegss-Song auf Anhieb erkennen. Was ist das Geheimnis eures unverwechselbaren Sounds?
Lani: Ach, da gibt es nicht viel zu verraten. Ich war nicht auf der Musikschule in Sydney oder so. Ich kenne nur ein paar Beats, deshalb klingt es vielleicht immer so ähnlich. Ich bin nicht sehr talentiert, um ehrlich zu sein. (lacht)
Nun, den Leuten scheint es zu gefallen. Die Venue wurde heute schließlich hochverlegt und war dann schnell wieder ausverkauft. Seid ihr überrascht, wie gut ihr im Moment ankommt?
Reed: Niemand schickt uns mehr E-Mails über die Ticketverkäufe. Deshalb sind Jonny und ich jedes Mal überrascht.
Lani: Es ist verdammt verrückt, Mann. Ich hätte das nicht erwartet, ich nehme an, das Internet hilft.
Reed: Verglichen mit all den anderen Malen, die wir in Europa waren, ist es ein deutlicher Unterschied.
Erinnert ihr euch an einen Moment dieser fast ausverkauften Tour, der für euch besonders in Erinnerung geblieben ist?
Reed: Das Konzert in London war ziemlich episch – und das Paradiso in Amsterdam. Das waren ziemlich tolle Veranstaltungsorte, bei denen wir die Menge mitreißen konnten. Gerade im Paradiso: In Australien spielt man nicht wirklich in Kirchen. Das war ziemlich abgefahren.
Habt ihr eigentlich oft Heimweh, wenn ihr wie jetzt so lange auf Tour seid?
Lani: Man hat so seine Tage. Es kommt aber auch auf den Kater an! Je verkaterter ich bin, desto mehr möchte ich nach Hause. Ich habe letzte Nacht gut geschlafen, das hat mich in eine gute Stimmung gebracht. Wir hatten den Tag vorher frei. An so einem Abend hat man ab und zu nur ein paar Bierchen. Keine Verpflichtungen. Und man kann aufwachen und muss nirgendwo hinfahren. Es ist gut, 24 Stunden lang an einem Ort zu bleiben. Das ist aktuell purer Luxus.
Eine Frage noch zu eurem Debütalbum: Warum musstet ihr eigentlich das Cover eures ersten Albums ändern? Auf Discogs muss man dafür jetzt fast 100 Euro hinlegen. In einem Plattenladen in Australien hat mir jemand erzählt, dass es da ein paar rechtliche Probleme gab.
Lani: Ja, weil das Foto auf den Treppen vor dem Opernhaus in Sydney gemacht wurde. Es ist irgendwie ein Markenzeichen oder so etwas, daher darf es nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Aber ich weiß nicht, woher sie das wussten, weil man das Ding nicht mal auf dem Bild sieht. Wir hatten es extra so gemacht, dass man nur die Treppen sieht.
Reed: Ich glaube, unser damaliger Vetrieb Warner war zu der Zeit einfach vorsichtig.
Lani: Es ist lustig, dass du das überhaupt erwähnst, denn ich habe auch keine Version mit dem Cover und ich will unbedingt eins! Ich habe meins damals nämlich weggegeben, weil ich dachte, es sei so einfach, eins zu bekommen. Falsch gedacht!
Reed: Ich habe meine dem Fotografen damals geschenkt. Das hätte ich wohl nicht tun sollen.